Prof. Christian Schulz, Regensburg, sprach über Therapien für frühe Stadien (I–IIIB) des NSCLC. Trotz Operation würden 30 bis 55 % dieser Patienten ein Rezidiv mit dann schlechterer OS-Prognose erleiden. Daher seien, so Schulz, systemische Therapien in Betracht zu ziehen. So könne eine IO auch neoadjuvant verabreicht werden – etwa in der Phase-III-Studie CheckMate-816, in der die neoadjuvante Gabe von Nivolumab (Opdivo®) in Kombination mit Chemotherapie (CTx) signifikante Vorteile im Vergleich zur alleinigen CTx erzielte. Vor allem, wenn durch die Neoadjuvanz eine pathologische Komplettremission (pCR) im Resektat erreicht wurde, wirkte sich dies besonders gut auf die Prognose der Patienten aus, hob der Onkologe hervor. Dies war bei 30,5 % der Behandelten unter Nivo/CTx der Fall (vs. 3,2 % CTx) [1, 2]. Schulz sieht als seine Interpretation eines neuen Therapiealgorithmus, dass in den Stadien II–IIIB – sofern eine R0-Resektabilität möglich ist – neoadjuvant mit platinbasierter CTx in Kombination mit IO behandelt wird. Nach der Operation richte sich das weitere Vorgehen nach dem Resultat im Resektat.
Im fortgeschrittenen Stadium IV ohne Treibermutation, so Prof. Thomas Wehler, Offenbach, könne in Abhängigkeit vom PD-L1(„programmed death-ligand 1“)-Status entweder eine IO-Monogabe (PD-L1 ≥ 50 %) erwogen werden oder ansonsten eine Kombination aus IO und CTx. Bei einer geringen PD-L1-Expression (< 1 %) scheine die doppelte IO (plus Ipilimumab) deutlich bessere Ergebnisse zu zeitigen, wie die beiden Untersuchungen CheckMate 227 [3] und CheckMate 9LA [4] belegten. So zeigte das 5-Jahres-Update der Studie CheckMate 9LA bei allen Patienten einen OS-Vorteil unter der doppelten IO mit Nivolumab plus Ipilimumab plus CTx im Vergleich zur alleinigen CTx (5-Jahres-OS-Rate 18 vs. 11 %): Die Hazard Ratio [HR] betrug 0,73 (95 %-Konfidenzintervall 0,62–0,85), und bei den PD-L1-negativen (< 1 %) Patienten errechnete sich eine HR von 0,63. Zudem bildete sich bei dieser Subkohorte ein OS-Plateau, das sich bei circa 22 % der Überlebenden einpendelte [4].
„Dies lässt vermuten“, kommentierte Wehler, „dass speziell dieses Kollektiv von der Hinzunahme der zweiten IO-Komponente profitiert.“ Deshalb wird die duale IO in Kombination mit CTx als eine Erstlinienoption bei Personen mit PD-L1-negativem NSCLC im Stadium IV ohne Treibermutationen in der aktuellen S3-Leitlinie empfohlen [5].
Reimund Freye