Der im Juli 2022 publizierte Abschlussbericht des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) der Begleiterhebung zur Verschreibung und Anwendung von Cannabis-Arzneimitteln zeigte, dass in 76,4 % der gemeldeten Fälle Cannabis zur Behandlung chronischer Schmerzen eingesetzt wurde. In 75 % der Fälle wurde eine Verbesserung der Symptome und in 70 % eine Verbesserung der Lebensqualität bei gutem Sicherheitsprofil berichtet [1].
Die Verordnungsfähigkeit von Cannabis sei ein „unglaublich wichtiger Schritt gewesen“, konstatierte Dr. Johannes Horlemann, Kevelaer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS). Eines der größten aktuellen Probleme stellten die Antragsverfahren bei der Verordnung von Cannabis dar, so der Vizepräsident der DGS, Norbert Schürmann, Moers. „Die Bewilligungsfristen sind mit fünf Wochen Bearbeitungszeit der Krankenkassen eindeutig zu lang. Die betreffenden Patientinnen und Patienten haben schließlich Schmerzen, die mit anderen verfügbaren Standard-therapien nicht ausreichend kontrolliert werden können.“
Beide Experten betonten, dass Cannabis den Konsum verschreibungspflichtiger Opioide erheblich reduzieren und die Lebensqualität verbessern kann. Cannabis könne bei Krebs- oder chronischen Schmerzerkrankungen als Add-on zu dann geringer dosierbaren Opioiden oder Antikonvulsiva verordnet werden. Eine große prospektive Beobachtungsstudie zeigte, dass durch Cannabis weniger Erkrankte überhaupt Opioide benötigten und sich die Opioid-Dosis um 78 % verringerte. Auch die Einnahme anderer verschreibungspflichtiger Arzneimittel, etwa von Antidepressiva und Benzodiazepinen, reduzierte sich [2].
Beide Experten betonten außerdem die Abgrenzung des Medizinalkonsums oraler Cannabinoide vom Freizeitkonsum von Cannabisblüten. Letztere seien therapeutisch schwerer steuerbar und beinhalteten ein höheres Potential der psychischen Abhängigkeit, so Schürmann.
Außerdem setzt sich die DGS dafür ein, bürokratische Hürden weiter abzubauen. Als erster Schritt wurde bereits ein Selektivvertrag mit der AOK Rheinland/Hamburg geschlossen, der eine vereinfachte und beschleunigte Verordnung der Präparate durch qualifizierte Verordnende ermöglicht.
Mascha Pömmerl