Trastuzumab-Deruxtecan (T-DXd) sowie Sacituzumab-Govitecan (SG, Trodelvy®) sind ADCs der nächsten Generation, die beim metastasierten Mammakarzinom eingesetzt werden – T-DXd bei HER2-positiven (HER2+) und SG bei triple-negativen Tumoren (TNBC). Beide unterschieden sich von den ADCs der ersten Generation durch eine verbesserte Linker-Technologie, assoziiert mit einem erhöhten Verhältnis von zytotoxischem Arzneimittel zum Antiköper, verbesserter Bindung ans Zielmolekül und einer 10- bis 100-fachen Steigerung der nicht gebundenen ADC-Moleküle.
Das Zielantigen von SG ist das Oberflächenantigen Trop-2, das bei vielen soliden Tumoren überexprimiert wird und mit einer schlechten Überlebensprognose einhergeht. SG besteht aus einem Anti-Trop-2-Antikörper, der über einen proprietären, hydrolysierbaren Linker an die zytotoxische Substanz SN-38, einen Topoisomerase-I-Inhibitor, gekoppelt ist. Durch diese spezielle Struktur können sowohl in Zielzellen als auch in der Mikroumgebung des Tumors über den sogenannten „Bystander-Effekt“ hohe Konzentrationen des zytotoxischen Wirkstoffs erreicht werden.
SG ist in der EU als Monotherapie zur Behandlung von erwachsenen Patient:innen mit nicht resezierbarem oder metastasiertem TNBC zugelassen, die zuvor zwei oder mehr systemische Therapien erhalten haben, darunter mindestens eine gegen die fortgeschrittene Erkrankung.
Zulassungsstudie ASCENT
Zwei wichtige Studien manifestieren den Wert von SG. In der Zulassungsstudie ASCENT verbesserte SG bei Patient:innen mit refraktärem oder rezidivierendem TNBC nach ≥ 2 vorangegangenen Chemotherapien im Vergleich zu einer Monochemotherapie nach Wahl der Ärztin bzw. des Arztes sowohl das mediane progressionsfreie Überleben (PFS 5,6 vs. 1,7 Monate; HR 0,39; p < 0,0001) als auch das mediane Gesamtüberleben (OS 12,1 vs. 6,7 Monate; HR 0,48; p < 0,0001) signifikant. Die 24-Monats-OS-Rate betrug 22,4 % in der SG-Gruppe versus 5,2 % in der Vergleichsgruppe [1]. Die Erkrankten im SG-Arm hatten eine bessere Lebensqualität.
Laufende Studie TROPiCS-02
Die zweite relevante, noch laufende Studie ist TROPiCS-02, deren erste Analyse während der ASCO-Jahrestagung 2022 vorgestellt wurde. Hier zeigte SG bei einem stark vorbehandelten, endokrin-resistenten Hormonrezeptor-positiven (HR+)/HER2-negativen (HER2–) metastasiertem Mammakarzinom eine 34%ige Verringerung des Risikos für Progression oder Tod im Vergleich zur Therapie nach Wahl der Behandler:innen (TPC) [2]. Nach einem Jahr lebten noch 61 % bzw. 47 % der Patient:innen (SG vs. TPC). Während des ESMO-Kongresses 2022 wurde eine Post-hoc-Analyse der Studie vorgestellt, in der die SG-Wirksamkeit bei Erkrankten mit niedriger HER2-Expression (HER2-low) und einem via Immunhistochemie (IHC) ermittelten HER2-Expressions-Score von 0 (ICH0) beschrieben wird [3].
Das mediane PFS betrug 6,4 Monate vs. 4,2 Monate (HR 0,58) in der HER2-low-Gruppe und 5,0 vs. 3,4 Monate (HR 0,72) in der HER2-IHC0-Gruppe. Die Gesamtansprechrate (ORR) betrug 26 % versus 12 % in der HER2-low- und 16 % versus 15 % in der HER2-IHC0-Gruppe. Somit war der klinische Nutzen von SG versus TPC auch bei HR+/HER2– metastasierten Mammakarzinomen mit HER2 IHC0 und HER2-low bewiesen.
Die Expert:innen in Wien waren sich einig, dass SG als hochwirksame Behandlungsoption für Patient:innen mit metastasierten HR+/HER2– Mammakarzinomen angesehen werden sollte – unabhängig vom HER2-Status.
Dr. Annette Junker