„Der Einsatz von Radioliganden ist in der Krebsmedizin nicht wirklich neu“, erklärte Prof. Bernd Joachim Krause, Rostock. Bereits 2017 sei zum Beispiel 177-Lutetium-Dotatate für die Behandlung von neuroendokrinen Tumoren zugelassen worden.
Nun könnte eine vergleichbare Methode auch die Therapie des Prostatakarzinoms voranbringen. Das Radiopharmakon Lutetium-177-PSMA-617 bindet mit hoher Affinität an das prostataspezifische Membran-Antigen (PSMA). Hier werde es in die Tumorzelle geschleust, wo es zu Schädigungen der Erbstruktur führe.
Wie wirksam dieses Verfahren ist, zeigte 2021 die internationale Phase-III-Studie VISION bei Patienten mit einem metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC). Zusätzlich zum Behandlungsstandard (SoC) erhielten diese Patienten, die zuvor mit Chemotherapie sowie mindestens einem Androgen-Rezeptor-Inhibitor behandelt worden waren, in 4–6 Zyklen Lutetium-177-PSMA-617 verabreicht. Die Gesamtsterblichkeit dieser Probanden reduzierte sich im Vergleich zu Patienten unter alleinigem SoC um 38 % (HR 0,62; 95%-KI 0,52–0,74; p < 0,001). Das Gesamtüberleben lag im Median bei 4 Monaten, die radiographische Progression der Erkrankung konnte um 5,3 Monate hinausgezögert werden (mediane Nachbeobachtungszeit 20,9 Monate).
Gute Verträglichkeit
Krause betonte die gute Verträglichkeit des Wirkstoffs: So gab es keine schweren oder unerwarteten Nebenwirkungen; zudem zeigte sich keine Nephrotoxizität. Als sekundärer Endpunkt konnte zudem eine Steigerung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität ermittelt werden; auch eine Verbesserung hinsichtlich der Schmerzintensität zeichnete sich ab.
Vorbereitung auf Zulassung in der EU
Die Ergebnisse zeigten Wirkung: Im März 2022 ist Lutetium-177-PSMA-617 von der US-Gesundheitsbehörde FDA für die mCRPC-Therapie zugelassen worden. Im Oktober schloss sich der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA mit einem Empfehlungsschreiben für den europäischen Markt an. In Deutschland seien bereits „die entsprechenden Vorbereitungen auf dem Weg“, wusste Krause.
Romy König