„Obwohl es in der Therapie der B-Zell-Vorläufer-ALL schon große Fortschritte gegeben hat, ist es so, dass immer noch 40–50 % der erwachsenen Patient:innen nach der initialen Therapie rezidivieren und eine schlechte Prognose mit einer 1-Jahres-Gesamtüberlebensrate von 26 % aufweisen“, so Prof. Marion Subklewe, München. Erstmals steht nun eine CAR-T-Zell-Therapie für Patient:innen ab 26 Jahren zur Verfügung. Die Zulassungserweiterung für Brexucabtagen-Autoleucel (Tecartus®) zur Behandlung der r/r B-Zell-Vorläufer-ALL beruhte auf den Daten der multizentrischen, einarmigen und offenen Phase-II-Studie ZUMA-3 [3]. Eingeschlossen waren darin Erwachsene, deren B-Zell-Vorläufer-ALL trotz einer systemischen Standardtherapie oder einer allogenen Stammzelltransplantation (allo-SCT) rezidivierte oder refraktär war.
55 Patient:innen konnten letztlich Brexucabtagen-Autoleucel erhalten. Nach einem medianen Follow-up von 16,4 Monaten zeigten im primären Studienendpunkt 39 Patient:innen (71 %) eine komplette Remission (CR) oder eine CR mit unvollständiger hämatologischer Erholung (CRi). In der längeren Nachbeobachtungszeit von 26,8 Monaten nach CAR-T-Zell-Transfusion und basierend auf einem erweiterten Datensatz aus Phase I und II bestätigten sich laut Subklewe die initialen Beobachtungen. Das mediane Gesamtüberleben (OS) aller in Phase II Behandelten betrug 25,4 Monate. Bei jenen mit CR war das mediane OS noch nicht erreicht.
Welche Therapie-Algorithmen genutzt und welche Therapieentscheidungen getroffen werden, sei bei der B-Zell-Vorläufer-ALL sehr individualisiert, erklärte Subklewe. Für mögliche Therapie-sequenzen verwies sie auf die NCCN-Guideline [5]. Zudem forderte sie: „Die intersektorale Vernetzung ist extrem wichtig bei der CAR-T-Zell-Therapie, die Kommunikation zu einem CAR-T-Zell-Zentrum sollte frühzeitig stattfinden.“
DLBCL und HGBL: Neuer Zweitlinienstandard
CAR-T-Zellen erweitern auch das Therapiespektrum der aggressiven malignen Lymphome DLBCL und HGBL. „CAR-T-Zellen sind in der Zweitlinie für Erkrankte mit einem refraktären oder rezidivierten großzelligen B-Zell-Lymphom der Standard und nicht mehr die autologe Stammzelltransplantation“, stellte Prof. Georg Lenz, Münster, fest. Denn das CAR-T-Zell-Produkt Axicabtagen-Ciloleucel (Yescarta®) ist seit Oktober 2022 für erwachsene Patient:innen mit r/r DLBCL und HGBL als Zweitlinientherapie nach der Chemoimmuntherapie verfügbar. Die Zulassungserweiterung basierte auf den Daten der Phase-III-Studie ZUMA-7 [6], in der Axicabtagen-Ciloleucel der Standard-Chemoimmuntherapie gegenübergestellt worden war. Nach einem medianen Follow-up von 24,9 Monaten verbesserte sich das mediane ereignisfreie Überleben von 2 Monaten nach autologer Transplantation auf 8,3 Monate unter der CAR-T-Zell-Therapie (HR 0,398; 95%-KI 0,308–0,514; p < 0,0001). „Dieser Unterschied ist klinisch hoch bedeutsam; wir können damit unseren Patient:innen eine deutlich bessere Therapie anbieten als die autologe Transplantation“, sagte Lenz. Auch ältere Erkrankte ≥ 65 Jahren würden profitieren, wie sich in einer aktuellen Subgruppenanalyse herausgestellt hat [7].
Therapie im CAR-T-Zell-Zentrum
Für beide CAR-T-Zell-Therapien zeigte sich ein Verträglichkeits- und Sicherheitsprofil, das konsistent mit den Ergebnissen früherer Studien war. Typische Nebenwirkungen sind das Zytokin-Freisetzungssyndrom (CRS) und neurologische Toxizitäten. „Es ist unsere Erfahrung, dass das CRS aufgrund der Behandlung mit dem Interleukin-6-Rezeptor-Antikörper Tocilizumab und gegebenenfalls Kortikosteroiden klinisch eigentlich keine große Herausforderung mehr darstellt. Die neurologischen Toxizitäten sind aber eine größere Herausforderung“, so Subklewe. Sie und Lenz empfahlen übereinstimmend, die CAR-T-Zell-Therapie in einem ausgewiesenen Zentrum durchzuführen.
Sabrina Kempe