Der Eisenchelator Deferasirox (Exjade®) ist seit dem Herbst 2016 als Filmtablette verfügbar. Auf einer Pressekonferenz anlässlich der DGHO-Jahrestagung wurde über aktuelle Studien und Erfahrungen zu Erkrankungen mit Eisenüberladung sowie zu verbesserten Therapieoptionen mit der Filmtablette berichtet. Neueste Daten aus Deutschland zur Versorgungssituation von Patienten mit myelodysplastischen Syndromen (MDS) sowie Thalassämie und Sichelzellkrankheit unterstreichen den Bedarf einer effektiven Therapie der Eisenüberladung.
Eine Eisenüberladung des Körpers kann genetisch bedingt oder die Folge häufiger Bluttransfusionen – bereits nach etwa 20 Erythrozyten-Konzentraten – sein. Überschüssiges Eisen kann nicht aktiv ausgeschieden werden und lagert sich in Gefäßen und Organen ab. Ein Anstieg des freien Plasmaeisens wirkt über die Bildung von Sauerstoffradikalen organtoxisch, v. a. auf Herz, Leber und endokrine Organe. Hoher Transfusionsbedarf besteht bei erblichen Hämoglobinopathien wie Thalassämie und Sichelzellkrankheit, die in der einheimischen Bevölkerung sehr selten, bei Einwanderern aus dem Mittelmeerraum und Nahen Osten sowie in Afrika aber häufiger sind, sowie bei Patienten mit myelodysplastischem Syndrom (MDS) und myeloproliferativen Erkrankungen (MPN).
Eisenchelatoren wie Deferasirox (Exjade®) binden überschüssiges Eisen, sorgen für dessen Ausscheidung aus dem Körper und bieten damit eine wirksame Therapieoption für diese polytransfundierten Patienten mit Eisenüberladung. Eine effektive Chelation kann das Serum-Ferritin wirksam reduzieren und damit das Sterblichkeitsrisiko vermindern sowie die Lebensqualität verbessern. Indiziert sind Chelatoren, sobald die Serumferritin-Konzentration wiederholt 1.000 ng/ml überschreitet.
Die Behandlung mit dem oralen Eisenchelator Deferasirox wurde im Herbst 2016 durch die Zulassung einer Filmtablette erleichtert, die besser verträglich ist und die Therapietreue günstig beeinflusst, wie sich in der randomisierten Phase-II-Studie ECLIPSE zeigte [1]. Bei den insgesamt 173 Patienten mit transfusionsabhängiger Thalassämie oder MDS waren Suspensions- und Filmtablette bezüglich des Sicherheitsprofils und der Häufigkeit von unerwünschten Ereignissen vergleichbar. Die Compliance war unter der Filmtablette höher, die Therapiedauer länger und die Reduktion des Serum-Ferritins stärker.
Hoher Bedarf an einer effektiven Eisenchelation bei MDS-Patienten
Auch bis zu 90% der MDS-Patienten sind aufgrund einer Anämie auf wiederholte Erythrozyten-Transfusionen angewiesen und leiden deshalb häufig unter Eisenüberladung, die zu erhöhter Morbidität führt und das Überleben negativ zu beeinflussen scheint. Zudem scheint die Eisenüberladung die Transformation eines MDS hin zu einer akuten myeloischen Leukämie (AML) zu begünstigen. In einer beim DGHO-Kongress präsentierten retrospektiven Analyse der ambulanten Versorgungssituation von MDS-Patienten in Deutschland zeigte sich eine hohe Prävalenz der Eisenüberladung und ein Bedarf für eine effektive Chelat-Therapie [2]. Drei Viertel der 227 MDS-Patienten wurden mit Erythrozytenkonzentraten behandelt, und nahezu die Hälfte (49%) wies eine Eisenüberladung auf, aber wiederum nur etwa die Hälfte von ihnen erhielt einen Eisenchelator.
Die Eisen-Chelation bei MDS wurde in der prospektiven Multicenter-Studie EPIC mit 341 Patienten untersucht, bei denen Deferasirox das mediane Serumferritin nach einem Jahr signifikant um 253 ng/ml (p = 0,0019) senken konnte, bei Patienten, die den Chelator über zwölf Monate kontinuierlich erhielten (n = 175), sogar um 606 ng/ml [3]. Eine Post-hoc-Analyse zeigte außerdem, dass bei Patienten, die unter Deferasirox ein hämatologisches Ansprechen zeigten, die Reduktion des Serum-Ferritins deutlich stärker war er als bei denjenigen ohne hämatologisches Ansprechen [4]. Schließlich belegen die 5-Jahres-Daten einer Registerstudie, dass MDS-Patienten mit niedrigem Risiko, die mindestens sechs Monate eine Eisenchelat-Behandlung erhielten, etwa doppelt so lange lebten wie Patienten ohne Eisenchelation (100 vs. 47,8 Monate; p < 0,0001; [5]).
Josef Gulden
Pressekonferenz anlässlich der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie am 02.10.2017 in Stuttgart, veranstaltet von Novartis Oncology, Nürnberg.