Molekularpathologische Analysen zum Nachweis therapierelevanter prädiktiver Marker sind heute beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) unverzichtbarer Bestandteil der Diagnostik. Zur genetischen Typisierung stehen Gewebe- und Flüssigbiopsie zur Verfügung, die konkordante Ergebnisse liefern und sich gegenseitig ergänzen.
Vor der Erstlinientherapie sollten Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC auf EGFR- und BRAF-Mutationen, ALK-, ROS- und c-met-Fusionen sowie PD-L1-Status getestet werden. Bei Nachweis von Treibermutationen profitieren betroffene Patienten von einer Sequenztherapie mit den betreffenden Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) mit einer Verlängerung des medianen Gesamtüberlebens (OS) um ein Mehrfaches, konstatierte Prof. Dr. Frank Griesinger, Oldenburg. Er verwies jedoch darauf, dass die Testraten im klinischen Alltag mit nur 73% im Falle der EGFR-Mutationen und 70% bei ALK-Translokationen ungenügend sind. Als „katastrophal“ wertete er die Situation bei der Testung auf ROS, c-met, BRAF und PD-L1 mit noch deutlich niedrigeren Raten. Ein Grund dafür sind multiple Testungen mittels Sanger-Sequenzierung, Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) und Immunhistochemie, sodass die Gewebeproben oft nicht ausreichen. „In der Vergangenheit gab es bei rund 30% der Lungenkrebspatienten nicht genügend Material für eine umfassende genetische Testung“, so Griesinger. Mit dem hochsensitiven Hybrid-capture-basierten Next Generation Sequencing (NGS) können jetzt allerdings in nur einem Analyseschritt alle klinisch relevanten genomischen Anomalien nachgewiesen werden.
Dennoch gibt es weiterhin Fälle, in denen nicht genug Tumormaterial für die genetische Typisierung vorhanden ist, sodass in der Primärdiagnose bei bereits bekannter Tumorhistologie auf die Liquid Biopsy zurückgegriffen werden muss. Auch die aktualisierte S3-Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zur Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms spricht sich bei nicht ausreichendem Gewebe und wenn eine Biopsie zu riskant wäre, für die molekulare Diagnostik mittels Liquid Biopsy aus. Bei einer erworbenen EGFR-TKI-Resistenz empfiehlt die S3-Leitlinie ebenfalls bei negativer Biopsie bzw. bei nicht möglicher Re-Biopsie eine Flüssigbiopsie zur Bestimmung von Resistenzmechanismen. Selbst in erfahrenen Zentren sind Re-Biopsien Studien zufolge nur etwa bei jedem zweiten progredienten Patienten durchführbar, betonte Griesinger. Eine erworbene Resistenz gegenüber EGFR-TKI ist nach seinen Worten in 60% der Fälle auf die T790M-Mutation im EGFR-Gen zurückzuführen.
Mit Osimertinib (Tagrisso®) steht seit 2016 ein EGFR-TKI der dritten Generation zur Verfügung, der den Rezeptor auch bei Vorliegen der T790-Mutation inhibiert, wenn TKIs der ersten und zweiten Generation nicht wirksam sind. In der Phase-III-Studie AURA 3 erwies sich der Drittgenerations-TKI nach EGFR-TKI-Versagen einer klassischen Chemotherapie als eindeutig überlegen: Gemäß Intention-to-treat-Analyse verlängerte Osimertinib das progressionsfreie Überleben signifikant von nur 4,4 Monaten im Kontrollarm auf 10,1 Monate (HR 0,30; p < 0,001).
Laut Real-World-Daten der ASSESS-Studie stimmen die Ergebnisse der Gewebe- und Plasmatestung mit einer Konkordanzrate von 89% recht gut überein, berichtete Priv.-Doz. Dr. Sabine Merkelbach-Bruse, Köln. Die QuiP (Qualitätssicherungs-Initiative Pathologie) führte ab 2016 mehrere Ringversuche zur Liquid Biopsy durch, die von über 80% der teilnehmenden pathologischen Institute erfolgreich abgeschlossen wurden.
Katharina Arnheim
Satellitensymposium „State-of-the-Art der Probengewinnung für die molekulare Diagnostik beim NSCLC“ im Rahmen des 59. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin am 16.03.2018 in Dresden, unterstützt von AstraZeneca GmbH, Wedel.