Die Polycythaemia vera (PV) ist eine potenziell lebensbedrohliche chronische Blutkrebs-Erkrankung mit hoher Symptomlast und Beeinträchtigung der Lebensqualität. Für PV-Patienten mit Hydroxyurea-Resistenz oder -Intoleranz ist Ruxolitinib (Jakavi®) eine effektive Therapieoption. 80-Wochen-Daten der
RESPONSE-2-Studie zeigen anhaltende Wirksamkeit und Verträglichkeit der Ruxolitinib-Therapie.
Die Behandlung der Polycythaemia vera (PV) kann im klinischen Alltag herausfordernd sein. Laut Dr. Frank Stegelmann, Ulm, verfolgt man dabei primär das Ziel einer Reduktion thromboembolischer Ereignisse, und außerdem sollen zur Verbesserung der Lebensqualität belastende Symptome gelindert sowie die Lebenserwartung durch Vermeidung einer Transformation in eine Myelofibrose oder akute myeloische Leukämie verbessert werden [1]. Ziel ist eine Absenkung des Hämatokrit (Hkt)-Wertes auf < 45%. Unter einer Therapie mit Hydroxyurea (HU) kann in der Regel eine Kontrolle der Blutzellzahlen erreicht werden, aber häufig keine Linderung der mitunter belastenden komplexen Symptome der PV [2]. HU-resistente Patienten, so Stegelmann, haben eine schlechtere Prognose und ein deutlich reduziertes Gesamtüberleben [3].
80-Wochen-Daten der RESPONSE-2-Studie: langfristige Wirksamkeit von Ruxolitinib
Für diese Patienten wird in der DGHO-Leitlinie die Behandlung mit dem JAK-Inhibitor Ruxolitinib empfohlen [1], der seit März 2015 auf der Grundlage der beiden Phase-III-Studien RESPONSE 1 und 2 für diese Indikation zugelassen ist [4, 5]. In der offenen Phase-IIIb-Studie RESPONSE 2 wurden Wirksamkeit und Sicherheit von Ruxolitinib bei gegen HU resistenten oder intoleranten PV-Patienten ohne tastbare Splenomegalie mit der besten verfügbaren Therapie (BAT) verglichen. Wie Dr. Oliver Leismann, Nürnberg, berichtete, wurde der primäre Endpunkt einer Hkt-Kontrolle in Woche 28 ebenso erreicht (62,2% unter Ruxolitinib vs. 18,7% unter BAT; p < 0,0001) wie der zentrale sekundäre Endpunkt, der Anteil der Patienten mit hämatologischer Komplettremission (23,0% vs. 5,3%; p = 0,0019; [5]).
Die beim EHA-Kongress 2017 vorgestellten 80-Wochen-Daten unterstreichen den langfristigen Nutzen der Ruxolitinib-Therapie: Im Ruxolitinib-Arm konnten 78% der Patienten das in Woche 28 erreichte Hkt-Ansprechen bis Woche 80 aufrechterhalten, und etwa doppelt so viele Patienten benötigten unter Ruxolitinib keine Phlebotomie (73% vs. 36% unter BAT; [6]).
Das wirkt sich auch langfristig positiv auf die Symptomlast und damit die Lebensqualität aus: 45% der Patienten im Ruxolitinib-Arm zeigten nach 80 Wochen weiterhin eine Abnahme im Myeloproliferative Neoplasm Symptom Assessment Form (MPN-SAF)-Gesamtscore um mehr als die Hälfte [6]. Mehr als 90% der Patienten erhalten weiterhin Ruxolitinib, das damit laut Leismann als effektive Langzeittherapie bei PV-Patienten eingesetzt werden kann, die auf HU nicht adäquat ansprechen oder dieses nicht vertragen.
Neue Studie: Versorgungssituation bei ITP
Die Immunthrombozytopenie (ITP) wird oft zufällig oder nach bereits stattgefundenen Blutungen diagnostiziert; in der Therapie kommt es mitunter zu einem verlängerten, nicht-leitlinienkonformen Einsatz von Steroiden. Thrombopoetinrezeptor-Agonisten (TPO-RA) wie Eltrombopag (Revolade®) stellen seit einigen Jahren eine wichtige Zweitlinien-Option in der chronischen ITP-Therapie dar, aber es gibt kaum Real-Life-Daten zu ihrem Einsatz sowie zum allgemeinen Therapiemanagement. Im Rahmen der DGHO-Tagung präsentierte Prof. Uwe Platzbecker, Dresden, die Ergebnisse einer retrospektiven Studie zu Diagnose und Therapie der ITP in Deutschland [7]. Von insgesamt 821 Patienten aus 13 deutschen hämatologischen Zentren aus dem Jahr 2016 waren 58% über 60 Jahre alt und Männer und Frauen etwa gleich häufig betroffen (47% vs. 53%). In 71% aller Fälle lag eine chronische ITP vor, bei mehr als der Hälfte (56%) handelte es sich um eine Zufallsdiagnose, seltener waren bereits aufgetretene Blutungsereignisse Anlass für eine Evaluation gewesen (Hämatome 18%, Petechien 13%; Abb.; [7]). Bei Patienten mit niedrigen Thrombozyten-Konzentrationen waren allerdings Blutungen maßgeblich für die Diagnose verantwortlich. Das verdeutlicht, dass bei vielen ITP-Patienten die Erkrankung spät diagnostiziert und behandelt wird.