Die Vorteile der Therapie, erläuterte Dr. med. Claas Wesseler, Klinikum Harburg, sind so gravierend, dass Alectinib (Alecensa®) in der amerikanischen
NCCN-Leitlinie bereits als Erstlinien-Standard bei ALK+-Tumoren genannt wird. Eine adäquate Ergänzung in weiteren Leitlinien (ESMO, DGHO und S3-Leitlinie) wird erwartet. Von den Leitlinien unbedingt empfohlen wird eine Testung auf bestimmte Mutationen, unter anderem auch auf ALK-Fusionen.
Die ALEX-Studie, so der Pneumologe, ist eine weltweite, randomisierte, multizentrische, offene Phase-III-Studie, in der Alectinib bei nicht vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem ALK-positivem NSCLC im direkten Vergleich mit Crizotinib untersucht wurde. Beim primären Endpunkt, dem progressionsfreien Überleben (PFS), dokumentiert durch die Prüfärzte, konnte gezeigt werden, dass Patienten unter Alectinib im Vergleich zur Crizotinib-Gruppe ein um 53% reduziertes Risiko für Progression oder Tod haben (Hazard Ratio 0,47; p < 0,0001). Das durch ein unabhängiges Kontrollkomitee bewertete mediane PFS lag unter Alectinib bei 25,7, unter Crizotinib bei 10,4 Monaten (p < 0,0001; [1]).
Alectinib verbleibt im ZNS und kann dort wirken
Aufgrund der guten Wirksamkeit von Alectinib in Bezug auf Hirnmetastasen, fuhr Wesseler fort, wurde diesem Punkt besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Gemessen wurde die kumulative Inzidenzrate einer ZNS-Progredienz nach zwölf Monaten: Hatten die Patienten zu Beginn bereits Hirnmetastasen aufgewiesen (42% der Alectinib- und 38% der Crizotinib- Patienten), so sah man unter Crizotinib bei 58,3% eine Progredienz im ZNS, unter Alectinib hingegen nur bei 16,0%. Bei Patienten, die bei Studieneintritt noch keine Hirnmetastasen gehabt hatten, lagen die entsprechenden Werte bei 31,5% in der Crizotinib- und bei 4,6% in der Alectinib-Gruppe [2]. Die gute Wirkung auf Hirnmetastasen erklärte Wesseler durch das Verbleiben von Alectinib im Gehirn: „Crizotinib überwindet zwar ebenfalls die Blut-Hirn-Schranke, wird aber durch Efflux-Transporter zu einem Großteil wieder aus dem ZNS ausgeschwemmt.“
Unter Alectinib traten weniger unerwünschte Ereignisse vom Grad 3–5 auf als unter Crizotinib (41% vs. 50%). Bei einer Behandlung mit Alectinib ist besonders auf eine Erhöhung der Leberwerte (ALT und AST) sowie auf eine Anämie zu achten. Als wesentlich verträglicher erwies sich die Alectinib-Behandlung aber in Bezug auf gastrointestinale Nebenwirkungen, so etwa hinsichtlich von Diarrhö (12% vs. 45%) oder Erbrechen (7% vs. 38%).
Alectinib muss morgens und abends in einer Dosierung von 600 mg eingenommen werden; das sind jeweils vier Kapseln. Das ist zwar viel, erlaubt aber auch eine graduelle Dosisreduktion, wenn etwa eine Unverträglichkeit vorliegt. Wie weit die Dosis reduziert werden kann, ist noch nicht mit Daten belegt, konzediert der Onkologe. „Wenn der Patient auf Alectinib gut anspricht, gehen wir soweit herab, bis er die Medikation verträgt und noch eine Wirksamkeit vorhanden ist.“
Reimund Freye
Satellitensymposium „NSCLC mit Treibermutation: Der erste Schritt weist den Weg“ im Rahmen des 59. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) am 15.03.2018 in Dresden, unterstützt von Roche Deutschland Holding GmbH, Grenzach-Wyhlen.