Eine große Studie soll den Nutzen eines umfassenden Tumor-Profilings und einer anschließenden molekular abgestimmten Therapie bei Patienten mit CUP-Syndrom evaluieren.
Bei 3–5% aller Malignome handelt es sich um ein sog. CUP-Syndrom (“Cancer of Unknown Primary”), bei dem man den Primarius trotz intensiver Suche nicht identifizieren kann, so Prof. Dr. Alwin Krämer, Heidelberg. Das CUP-Syndrom ist die siebthäufigste Tumorerkrankung und damit laut Krämer „erstaunlich häufig“. Es ist zudem die vierthäufigste tumorbedingte Todesursache: Das Gesamtüberleben ist mit median neun Monaten kurz. Beim CUP-Syndrom besteht daher ohne Zweifel ein hoher therapeutischer Bedarf.
In den letzten Jahren wurde versucht, das CUP-Syndrom mit Genexpressionsprofilen besser molekular zu charakterisieren, um so Rückschlüsse auf den Primarius ziehen zu können. Dies gelingt durch den Vergleich des RNA-Profils von CUP-Tumoren mit den in Datenbanken hinterlegten Expressionsprofilen von Primärtumoren. Anhand des Similarity-Scores kann man auf eine bestimmte Tumorentität schließen und den CUP-Tumor trotz fehlender Identifizierung des Primarius analog behandeln. Für dieses Vorgehen sprechen mehrere nicht-randomisierte Studien.
Mit GEFCAPI 04 läuft derzeit eine französische Phase-III-Studie, die diesen Ansatz randomisiert evaluiert. Kontrollpatienten erhalten eine empirische Chemotherapie mit Cisplatin/Gemcitabin; bei Patienten im experimentellen Arm wird das Tumorgewebe molekular charakterisiert und die Therapie auf den vermuteten Primärtumor abgestimmt. Krämer hofft, dass diese Studie die Frage klären kann, ob eine Primarius-Suche mittels Genexpression therapeutisch hilfreich ist.
Außerdem werden beim CUP-Syndrom genomische Analysen durchgeführt. In rund 30% aller Fälle findet man potenziell therapeutisch angreifbare genetische Alterationen. CUP-Tumoren mit Plattenepithel-Histologie zeichnen sich oft durch eine hohe Mutationslast aus, was als Argument für eine Therapie mit Checkpoint-Blockern anzusehen ist. Auf kasuistischer Ebene gibt es mittlerweile positive Hinweise, dass Patienten von einer auf die nachgewiesene Mutation abgestimmten zielgerichteten Therapie profitieren.
In der von Roche initiierten Studie MX39795 sollen Wirksamkeit und Sicherheit der molekular abgestimmten Erstlinientherapie beim CUP-Syndrom mit einer platinbasierten Standardtherapie verglichen werden. Für die in diesem Jahr startende Studie sollen knapp 800 Patienten mit neu diagnostiziertem prognostisch ungünstigem CUP-Syndrom rekrutiert werden. Nach Erstellung eines umfassenden Tumormutations-Profils mithilfe des validierten FoundationOne®-Panels erhalten alle Patienten drei Zyklen der Standardchemotherapie. Nicht progrediente Patienten werden im Anschluss im Verhältnis 1 : 3 in den Kontrollarm mit Carboplatin/Paclitaxel oder Cisplatin/Gemcitabin über weitere drei Zyklen oder in den aus neun Strata bestehenden experimentellen Arm randomisiert, in dem sie in Abhängigkeit vom Tumorexpressionsprofil behandelt werden. So erhalten Patienten mit ALK- oder RET-Rearrangements Alectinib (Alecensa®), Patienten mit BRAF-Mutationen Vemurafenib (Zelboraf®) plus Cobimetinib (Cotellic®) und Patienten mit hoher Mutationslast oder Mikrosatelliten-Instabilität Atezolizumab (Tecentriq®). In Deutschland wollen 13 Zentren 120 Patienten einschließen.
Katharina Arnheim
Satellitensymposium „Klinischer Nutzen von molekularen Tumorprofilen für die Krebstherapie“ im Rahmen des 33. Deutschen Krebskongresses am 22.02.2018 in Berlin, unterstützt von Roche, Grenzach-Wyhlen.