Zur Therapie der neu diagnostizierten, therapiebedingten akuten myeloischen Leukämie (t-AML) und der AML mit myelodysplastischen Veränderungen (AML-MRC) wurde eine liposomale Formulierung von Daunorubicin plus Cytarabin zugelassen. In einer Phase-III-Studie zeigte sich unter dem neuen Präparat ein signifikant besseres Gesamtüberleben bei diesen Hochrisiko-Patienten im Vergleich zu einer konventionellen „7+3“-Chemotherapie.
Die liposomale Zwei-Medikamenten-Formulierung aus Cytarabin und Daunorubicin in einem fixen molaren Verhältnis von 5 : 1 (CPX-351; VYXEOS®) erzielt einen synergistischen Effekt, sagte Prof. Uwe Platzbecker, Dresden. Das Substanzverhältnis bleibt über 24 Stunden nach Infusion erhalten. Dabei akkumulieren die Wirkstoffe im Knochenmark und persistieren dort in hohen Konzentrationen. Es kommt zu einer selektiven und erhöhten Aufnahme der Zytostatika durch leukämische Zellen. Damit steht erstmals seit über 40 Jahren eine Alternative zum Standard-„7+3“-Therapieregime zu Verfügung, bei dem Cytarabin kontinuierlich über sieben Tage mit zusätzlich drei Dosen Daunorubicin verabreicht wird.
In der zulassungsrelevanten, offenen und randomisierten Phase-III-Studie erhielten 309 Patienten im Alter zwischen 60 und 75 Jahren mit neu diagnostizierter Hochrisiko-AML zwei Induktionszyklen mit der liposomalen Formulierung (CPX-351) oder das „7+3“-Regime [1]. Anschließend folgte eine Konsolidierungstherapie mit den gleichen Substanzen. Primärer Endpunkt war das Gesamtüberleben.
Durch die Behandlung mit CPX-351 konnte das mediane Gesamtüberleben im Vergleich zur Standardtherapie signifikant verbessert werden (9,56 vs. 5,95 Monate). Dies bedeutet ein um 31% verringertes Sterberisiko (Hazard Ratio 0,69; p = 0,003). Mit CPX-351 waren 42% der Patienten nach einem und 31% nach zwei Jahren noch am Leben, in der Kontrollgruppe waren es 28% bzw. 12%. Die Raten für frühe Todesfälle betrugen unter der liposomalen Formulierung 5,9% bis zum Tag 30 und 13,7% bis zum Tag 60, im Kontrollarm 10,6% bzw. 21,2%.
Wie Platzbecker weiter ausführte, profitierten die Altersgruppen zwischen 60 und 69 sowie zwischen 70 und 75 Jahren gleichermaßen von der Therapie. Mit der liposomalen Formulierung erreichten 37,3% der Patienten eine komplette Remission, bei 47,7% wurde ein vollständiges Ansprechen mit unvollständiger Wiederherstellung der Thrombozyten- und Neutrophilen-Zahlen registriert. In der Kontrollgruppe lagen diese Anteile bei 25,6% bzw. 33,3%.
Der Überlebensvorteil konnte in anderen Untergruppen, wie den verschiedenen AML-Subtypen, beobachtet werden. In einer Post-hoc-Analyse zeigte sich, dass der Anteil der Patienten, die eine allogene Stammzelltransplantation erhielten, in der CPX-351-Gruppe mit 34% höher lag als in der Kontrollgruppe mit 25%. Die Analyse deutet auch auf eine Verbesserung des medianen Überlebens nach Stammzelltransplantation im experimentellen Arm hin.
In beiden Therapiegruppen war die Rate an unerwünschten Nebenwirkungen vergleichbar. VYXEOS® ist laut Platzbecker mit einer verlängerten Thrombozytopenie und Neutropenie assoziiert, daher benötigen die Patienten möglicherweise eine zusätzliche Überwachung. Vor der Zulassung der liposomalen Formulierung existierten in der EU keine Therapien, die speziell für Patienten mit t-AML und AML-MRC zugelassen waren.
Bei der Beurteilung der Eignung für eine intensive Chemotherapie bei AML-Patienten werden Alter, Performancestatus, Begleiterkrankungen sowie Zyto- und Molekulargenetik und der Patientenwunsch berücksichtigt, erklärte Prof. Hartmut Döhner, Ulm. Bei jungen, leistungsfähigen Patienten besteht die Therapiestrategie in einer intensiven Induktions- und Konsolidierungstherapie sowie bei einem Rezidivrisiko von über 40% einer allogenen Stammzelltransplantation. Ziel ist dabei die Einleitung einer Remission mit einer insgesamt kurativen Absicht.
Bei älteren, weniger fitten Patienten besteht das Therapieziel vor allem in einer Kontrolle der Krankheitsprogression sowie in einer Verbesserung des Überlebens und der Lebensqualität. Dies soll mit einer weniger intensiven Behandlung erreicht werden, die niedrig dosiertes Cytarabin und hypomethylierende Wirkstoffe (Azacitidin und Decitabin) umfasst [2].
Pressegespräch „Neues Chemotherapeutikum für bestimmte Formen der Hochrisiko-AML“ am 20.09.2018 in Frankfurt/Main, veranstaltet von Jazz Pharmaceuticals, München.