In der zulassungsrelevanten prospektiven Phase-III-Studie ELEVATE-TN habe sich bereits nach einem medianen Follow-up von 28,3 Monaten eine Überlegenheit bezüglich des progressionsfreien Überlebens (PFS) des Zweitgenerations-BTKi Acalabrutinib (Calquence®) allein oder in Kombination mit Obinutuzumab (A±O) im Vergleich zu einer Chemoimmuntherapie mit Obinutuzumab plus Chlorambucil (O+Clb) bei therapienaiven CLL-Patienten gezeigt [3], erklärte Prof. Jeff P. Sharman, Eugene, OR/USA. In einem 5-Jahres-Follow-up war zudem ein längeres Gesamtüberleben (OS) der Acalabrutinib-haltigen Therapien (A+O und A) gegenüber der Chemoimmuntherapie nachweisbar [4]. Auch nach einem medianen Follow-up von ungefähr sechs Jahren (74,5 Monate) blieben die Effektivität und Sicherheit von A+O und einer Acalabrutinib-Monotherapie bei Patienten mit therapienaiver CLL erhalten, fasste Sharman die aktuellen Daten der ELEVATE-TN-Studie beim ASH 2023 zusammen [2].
Der Median des PFS (primärer Endpunkt) wurde für die Acalabrutinib-haltigen Studienregime noch nicht erreicht im Vergleich zu 27,8 Monate unter der Chemoimmuntherapie. Allerdings blieben 78 % der mit A+O Behandelten nach sechs Jahren progressionsfrei, 62 % unter Acalabrutinib allein und 17 % unter O+Clb (Hazard Ratio [HR] vs. O+Clb 0,14 und 0,23; p < 0,0001 für beide Werte; HR A+O vs. Acalabrutinib 0,58; p = 0,0229). Nach sechs Jahren waren noch 79 % der Patienten im Acalabrutinib-Arm sowie 87 % der Patienten unter A+O am Leben im Vergleich zu 80 % im O+Clb-Arm (HR 0,62; 95%-KI 0,39–0,97; p = 0,0349). Das mediane OS war noch nicht erreicht.
Nach Darstellung von Sharman profitierten Patienten mit einem ungünstigen Risikoprofil, also jene mit einem unmutierten IGHV-Status, oder mit nachgewiesener 17p-Deletion/TP53-Mutation, bezüglich des PFS ebenso von einer Therapie mit Acalabrutinib wie Patienten ohne diese Risikofaktoren. Allerdings konnte die Kombination mit Obinutuzumab das PFS-Ergebnis gegenüber der Acalabrutinib-Monotherapie nicht verbessern.
Die Onkopedia-Leitlinien empfehlen bereits bei unmutiertem IGHV-Status eine kontinuierliche Therapie mit Acalabrutinib mit oder ohne Obinutuzumab sowie bei günstigem genetischem Risikoprofil Acalabrutinib als orale Dauertherapie, wenn die Nierenfunktion eingeschränkt ist oder der Wunsch nach einer oralen Therapie besteht. Bei CLL mit 17p-Deletion/TP53-Mutation beziehungsweise Nachweis eines komplex aberranten Karyotyps wird der kontinuierliche Einsatz von Acalabrutinib empfohlen.
Sabrina Kempe