Seit Ende Juli 2020 besteht mit Alpelisib (Piqray®) plus Fulvestrant eine erste gezielt an der PIK3CA(Phosphatidylino-sitol-4,5-Bisphosphate 3-Kinase Catalytic Subunit Alpha)-Mutation ansetzende Behandlungsoption für HR+/HER2– fortgeschrittenen Brustkrebs. Die EU-Zulassung des alpha-spezifischen PI3K-Inhibitors beruht auf den Ergebnissen der Phase-III-Studie SOLAR-1 (Clinical Studies Of ALpelisib in Breast CAnceR 1).
Wie Prof. Hans Tesch, Frankfurt, erläuterte, habe Alpelisib in Kombination mit Fulvestrant bei Patienten mit meta-stasiertem HR+/HER2– Mammakarzinom und PIK3CA-Mutation nach endokriner Vorbehandlung das mediane progressionsfreie Überleben (PFS, primärer Studienendpunkt) signifikant verbessert [1] und sei neuer Standard für diese Indikation.
Gesamtüberleben numerisch verlängert
Die Ergebnisse der finalen Analyse der SOLAR-1-Studie vom ESMO 2020 zeigen für die Kombination eine numerische (n. s.) Verlängerung des Gesamtüberlebens (OS, sekundärer Studienendpunkt) um ca. 8 Monate im Vergleich zu Fulvestrant allein (p = 0,15) [2]. Bei Patienten mit Lungen- oder Lebermetastasen wurde unter Alpelisib plus Fulvestrant ein Vorteil im OS um 14,4 Monate im Vergleich zu Fulvestrant allein beobachtet (medianes OS 37,2 vs. 22,8 Monate) [2]. Zu den bekannten unerwünschten Ereignissen gehören vor allem ein Anstieg des Plasmaglukosespiegels und ein Hautausschlag [3].
Bestimmung der PIK3CA-Mutation essentiell
Wie Dr. Rachel Würstlein, München, über ihre Erfahrungen aus dem Härtefallprogramm berichtete, seien die Patientenselektion durch Bestimmung der PIK3CA-Mutation sowie ein interdisziplinäres Tumorboard als Instrument für das Patientenmanagement essentiell. Behandler würden zudem durch Schulungsmaterial wie den „Leitfaden für Ärzte zur Behandlung von Patienten mit Piqray® (Alpelisib) – Hyperglykämie-Management“ unterstützt. Gezielte Patienteninformationen über Dosisreduktionen oder Therapiepausen seien ebenfalls ein zentraler Aspekt.
Gute Erfahrungen beim Management mit dem PI3K-Inhibitor habe die Oberärztin des Brustzentrums auch mit einem Patiententagebuch beispielsweise in digitaler Form gemacht.
Anti-IL-1b-Antikörper in klinischer Erprobung beim NSCLC
Im Anschluss berichtete Prof. Dr. Martin Reck, Großhansdorf, über aktuelle Entwicklungen rund um die Behandlung des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) mithilfe immunonkologischer Therapien. So werde die Rolle der chronischen pro-tumoralen Inflammation heute viel besser verstanden.
Einen wichtigen Entzündungsmediator stelle das Zytokin Interleukin-1b (IL-1b) dar, das an relevanten Prozessen der Tumorgenese über alle Stadien beteiligt sei.
Canakinumab (ACZ885) ist ein Antikörper, der sich spezifisch gegen IL-1b richtet und der bereits seit 2009 für die Behandlung verschiedener rheumatologischer Erkrankungen in Deutschland zugelassen ist. Nachdem sich in einer kardiologischen Studie mit über 10.000 Patienten gezeigt hatte, dass Patienten unter Canakinumab ein geringeres Risiko hatten, Lungenkrebs zu entwickeln oder daran zu versterben, wird ACZ885 in dem CANOPY-Studienprogramm auf seine Wirksamkeit und Sicherheit beim NSCLC über verschiedene Tumorstadien hinweg analysiert.
Umfangreiches Studienprogramm zu Canakinumab
Eine multizentrische, randomisierte, doppelt-verblindete, Placebo-kontrollierte Studie der Phase III (CANOPY-A) beispielsweise untersucht Canakinumab versus Placebo als adjuvante Therapie bei erwachsenen Patienten mit vollständig reseziertem NSCLC der Stadien II–IIIA und IIIB (T > 5 cm N2).
Die Studie CANOPY-N hat einen neoadjuvanten Ansatz, weitere Kombinationsstudien sind CANOPY-1 und CANOPY-2 [4].
Bettina Baierl