Opioid-induzierte Obstipation: ein unterschätztes Problem
Obstipation ist die häufigste und zugleich eine der am meisten belastenden Nebenwirkungen unter der Behandlung mit Opioiden. Auf Basismaßnahmen wie die Anpassung des Ernährungs- und Trinkverhaltens, reichlich körperliche Bewegung oder Laxanzien spricht diese Obstipations-Form oft nur unzureichend an. Dann kommt eine Behandlung mit einem peripher wirksamen μ-Opioid-Antagonisten (PAMORA) infrage.
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Eine Opioid-induzierte Obstipation bedeutet laut PD Dr. Viola Andresen, Israelitisches Krankenhaus Hamburg, für die Betroffenen häufig eine große Belastung sowie eine Einschränkung der Lebensqualität. Auch ärztlicherseits werde dieses Problem oft unterschätzt oder als eine banale Befindlichkeitsstörung abgetan.
μ-Opioidrezeptoren finden sich Andresen zufolge im gesamten Gastrointestinaltrakt. Besonders hoch sei die Rezeptordichte in Nerven und Muskulatur des Darms. Durch Aktivierung dieser Rezeptoren kommt es zu einer Hemmung oder gar zum vollständigen Erliegen der Peristaltik. Bei der Opioid-induzierten Obstipation seien häufige Beschwerden erschwerte Stuhlentleerung mit starkem Pressen, Gefühl einer rektalen Obstruktion oder Blockade, Blähbauch, harte oder klumpige Stühle.
Um solche iatrogenen Beschwerden zu vermeiden, ist es Andresen zufolge unverzichtbar, bei jeder Opioidtherapie über Opioid-induzierte Obstipation zu informieren, dieser vorzubeugen, sie zu erfassen und adäquat zu behandeln.
Weitgehende Übereinstimmung der Leitlinien
„Die einschlägigen Leitlinien unterschiedlicher Entwicklungsstufen, sowohl nationale als auch internationale, stimmen weitgehend in ihren Empfehlungen zur medikamentösen Behandlung Opioid-induzierter Obstipation überein“, konstatierte PD Dr. Stefan Wirz, Abteilung für Anästhesie, Interdisziplinäre Intensivmedizin, Schmerztherapie, Palliativmedizin, GFO-Kliniken Bonn, Bad Honnef. Das gelte beispielsweise auch für das Kapitel „Opioid-bedingte Obstipation“ in der aktuellen Neufassung der „S3-Leitlinie Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht-heilbaren Krebserkrankung“ [1]. Zunächst seien, so Wirz, osmotische und propulsive Laxanzien angezeigt. Wenn das nicht ausreiche, kämen gegebenenfalls eine Kombination von Laxanzien infrage. Bei unzureichendem Therapieerfolg soll eine Behandlung mit peripher wirksamen μ-Opioid-Antagonisten (PAMORA) wie Naloxegol, Methylnaltrexon oder Naldemedin in Betracht gezogen werden.
Neuer PAMORA zugelassen
PD Dr. Eberhardt A. Lux, Klinik für Schmerz- und Palliativmedizin, Katholisches Klinikum Lünen-Werne, berichtete aus dem COMPOSE-Studienprogramm zur Evaluation der Wirksamkeit und Sicherheit des Naltrexon-Derivats Naldemedin in der Behandlung von Patienten mit Opioid-induzierter Obstipation. Naldemedin erwies sich in insgesamt sieben randomisierten, placebokontrollierten Studien bei Tumor- und Nicht-Tumor-Patienten als wirksam und verträglich. Das Medikament ist seit Februar 2019 in der EU zugelassen. Auf dem deutschen Arzneimittelmarkt ist es noch nicht verfügbar.
Thomas Heim
Satellitensymposium „Let’s talk about OIC – Was gibt’s Neues?“ beim Deutschen Schmerzkongress am 11.10.2019 in Mannheim, unterstützt von der Hexal AG.