Das HCC ist einer der wenigen Tumoren, deren Inzidenz in den letzten Dekaden ständig gestiegen ist, so Wege. Dass die Anzahl der Sterbefälle ähnlich hoch sei wie die Anzahl der Neuerkrankungen (ca. 6.500 in Deutschland im Jahr 2018), bedeute, dass die Behandlung eine Herausforderung darstellt und hoher Bedarf an neuen Therapieoptionen besteht. Zu beachten sei, dass die Patienten eigentlich an zwei Erkrankungen leiden – der Tumorerkrankung und einer Leberzirrhose –, was die Therapie gerade in fortgeschrittenen Stadien nicht einfacher mache.
Als systemische Therapieoptionen in dieser Situation sind für die erste Behandlungslinie die Tyrosinkinaseinhibitoren (TKIs) Sorafenib und seit August 2018 Lenvatinib zugelassen. Für die Zweitlinie stehen Regorafenib, Cabozantinib und Ramucirumab zur Verfügung [1].
Die Erstlinien-Zulassung von Lenvatinib beruht auf der Phase-III-Nicht-Unterlegenheitsstudie REFLECT bei 954 Patienten mit nicht systemisch vorbehandeltem, nicht-resezierbarem HCC. Es handelt sich um die bislang einzige positive Vergleichsstudie mit dem bis dato alleinigen Therapiestandard Sorafenib: Das Gesamtüberleben (OS) betrug unter Lenvatinib 13,6 und unter Sorafenib 12,3 Monate (Hazard Ratio 0,92; 95%-Konfidenzintervall 0,79–1,06; die Nicht-Unterlegenheits-Grenze lag bei 1,08; [2]).
Bei Patienten mit hohen Werten des Tumormarkers α-Fetoprotein (AFP, ab 200 ng/ml) wurde sogar ein Überlebens-Benefit zugunsten von Lenvatinib dokumentiert (median 10,4 vs. 8,2 Monate; HR 0,78; 95%-KI 0,63-0,98). Auch bei den sekundären Wirksamkeitsendpunkten war Lenvatinib überlegen: Das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) war gegenüber Sorafenib verdoppelt (7,4 vs. 3,7 Monate; HR 0,66; 95%-KI 0,57–0,77; p < 0,0001). Hinsichtlich der Zeit bis zur Progression und der objektiven Ansprechrate (ORR: 24,1% vs. 9,2%) war Lenvatinib Sorafenib ebenfalls überlegen.
Laut Wege kommt es im klinischen Alltag darauf an, bei Patienten mit nicht-resezierbarem HCC rechtzeitig eine Systemtherapie einzuleiten, die bei einem Ansprechen auch bei auftretenden Nebenwirklungen unter Nutzung supportiver Therapiemaßnahmen möglichst fortgesetzt werden sollte. Zudem gelte es, die verfügbaren Therapiesequenzen bestmöglich auszuschöpfen. So sei durch die Sequenz aus Lenvatinib in der Erstlinie, gefolgt von Sorafenib in der Zweitlinie, ein medianes OS von 20,8 Monaten, bei Lenvatinib-Respondern von 26,8 Monaten möglich [3]. Zudem solle immer auch an den Einschluss von Patienten in laufende Studien gedacht werden.
Claudia Schöllmann
Pressekonferenz „Ein Jahr LENVIMA® (Lenvatinib) beim Leberzellkarzinom: Klinische Erfahrungen und Entwicklung der Therapielandschaft“ im Rahmen der DGHO-Jahrestagung am 12.10.2019 in Berlin, veranstaltet von Eisai.