Sie basieren auf den Fünf-Jahres-Daten der Phase-II-Studie PACE [1] mit Ponatinib bei insgesamt 449 Patienten, meist mit CML in der chronischen Phase (CP-CML) und Resistenzen oder Intoleranz auf mehr als zwei TKI oder einer T315I-Mutation, so Prof. Susanne Saußele, Universitätsklinik Mannheim. Initial bekamen alle Patienten 45 mg/d Ponatinib. Die gute und anhaltende Wirksamkeit dieser Therapie resultierte nach fünf Jahren in einer Überlebensrate von etwa 70% und einer Rate an persistierenden zytogenetischen Remissionen (MCyR) bei 80% der Patienten, die diese nach zwölf Monaten erreicht hatten. Eine Metaanalyse ergab für Ponatinib eine mehr als doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit (60% vs. 22–26%) einer kompletten zytogenetischen Remission gegenüber dem sequenziellen Einsatz eines TKI der zweiten Generation [2].
Beachtenswert und kontrollbedürftig war allerdings ein Bluthochdruck als eine Ursache arteriell-thrombotischer Gefäßereignisse. Das Auftreten war zudem von der Ponatinib-Tagesdosis abhängig und nahm mit jeder Dosisreduktion um 15 mg um 33% ab [3]. Stärkste unabhängige Prädiktoren waren neben der TKI-Dosis das Lebensalter und Ischämien in der Anamnese. Unter prophylaktischer Dosisreduktion bei einer Subgruppe auf 15 mg/d nach Therapieansprechen stieg das kardiovaskuläre Risiko nach 38 Monaten über die restliche Studiendauer nicht weiter an, was vermuten lässt, „dass es ein Dosiseffekt ist“, so Saußele.
Auch Real-World-Daten aus Italien, Spanien und Belgien zeigten weniger thrombotische Ereignisse unter niedrigeren Startdosierungen [4]. Das, sowie ein Vergleich der Risiken aus Erstlinienstudien [5] lege nahe, dass die kardiovaskulären Risikoprofile der TKI neuerer Generation ähnlich sind. Beruhigend sei daher, dass eine prospektive Dosisreduktion die Häufigkeit molekularer Remissionen (MMR) unter Ponatinib nach fast dreieinhalb Jahren nur minimal reduzierte (89% vs. 95%; [1]). Eine deutsch-österreichische Expertengruppe empfiehlt deshalb, statt der 45-mg-Startdosis bei folgenden Kriterien eine Ponatinib-Startdosis von 30 mg/d:
• eine CML in der chronischen Phase (CP-CML),
• ein guter Remissionsstatus (mindestens MCyR),
• Fehlen von Mutationen,
• Resistenz gegen nur einen TKI,
• bei Intoleranz trotz gutem Ansprechen,
• bei erhöhtem kardiovaskulärem Risiko.
Eine Startdosis von 15 mg/d sollte gewählt werden bei
• Patienten, die sehr gut auf einen anderen TKI ansprachen, aber hierauf eine schwere Intoleranz entwickelten,
• Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko.
Dafür maßgeblich sei der ESC-Risikoscore [6] sowie die kardiologische Kooperation, so Saußele:
• Bei niedrigem bis moderatem Risiko (ESC-Score < 5%) sollte unter Ponatinib ein LDL-C < 115 mg/dl angestrebt werden, ggf. unterstützt durch Statine. Das Monitoring umfasst klinische Untersuchung und Blutdruckmessung (Selbstmessung) sowie Laborwerte inklusive Diabetes- und Serumlipid-Profil im ersten Jahr alle drei Monate, danach alle 6–12 Monate sowie ein halbjährliches EKG und eine jährliche kardiologische Konsultation.
• Bei hohem Risiko (ESC-Score 5 bis < 10%), deutlich erhöhtem Cholesterin, schwerer Hypertonie oder mäßiger Niereninsuffizienz (GFR 30–59 ml/min) kann Ponatinib bei prospektiver Dosisreduktion nach Nutzen-Risiko-Bewertung erwogen werden, wobei mit einem Statin ein LDL-Zielwert < 100 mg/dl erreicht werden sollte. Das Monitoring sollte durch regelmäßige, dokumentierte Blutdruckselbstmessung und vierteljährliche Laboruntersuchungen inklusive Diabetes- und Serumlipid-Profil sowie eine halbjährliche Messung des Knöchel-Arm-Index (ABI) ergänzt werden.
• Bei einem sehr hohen Risiko (ESC-Score > 10%) wird Ponatinib nur bei „strenger Indikation“, mit prospektiver Dosisreduktion auf 15 mg/d und LDL-C-Werten < 70 mg/dl empfohlen.
Andreas Häckel
Fachpressekonferenz Iclusig® „Ponatinib in der Behandlung der CML: Erste umfassende konsolidierte Empfehlung einer deutschen Konsensus-Expertengruppe mit speziellem Fokus auf Patientenmonitoring und -management“ am 21.10.2019 in Frankfurt am Main, veranstaltet von Incyte Biosciences Germany GmbH.