Ein MSD-Symposium in Berlin widmete sich der modernen Tumortherapie mit PD-1-Inhibitoren bei Plattenepithelkarzinomen der Kopf-Hals-Region (HNSCC). Rund 17.000 Menschen, überwiegend Männer, erkranken deutschlandweit jährlich an Karzinomen von Mundhöhle, Rachen und Kehlkopf. Auslöser sind starker Alkohol- und Tabak-Konsum.
Wie Prof. Dr. Andreas Dietz, Leipzig, mitteilte, ist bei diesen oft viel zu spät erkannten, fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinomen eine Operation häufig nicht mehr möglich, und auch eine Strahlen- oder Chemotherapie wirkt bei hoher Toxizität meist nicht mehr ausreichend. PD Dr. Stephan Hackenberg, Würzburg, erklärte, dass bei einer Krebstherapie mit Zytostatika direkt die Tumorzellen, aber auch gesunde Körperzellen attackiert werden. Bei der Immuntherapie hingegen greifen Checkpoint-Inhibitoren in Schaltstellen des Immunsystems ein, die sich auf T-Zellen befinden. Das PD-1-Oberflächenantigen wirkt als Bremse, indem es an die beiden Liganden PD-L1 und PD-L2 auf dem T-Lymphozyten bindet und überschießende Reaktionen der Immunzellen blockiert. Was ein zur Verhinderung von Autoimmunreaktionen sinnvoller Schutzmechanismus ist, machen sich Tumorzellen zunutze, indem sie ebenfalls PD-1 exprimieren und sich so dem Zugriff der T-Zellen entziehen.
Unterschiedliche Studiendesigns prüften die Wirksamkeit und Sicherheit von PD-1-Checkpoint-Inhibitoren wie Pembrolizumab (Keytruda®) oder Nivolumab als Monotherapie oder in Kombination mit der Standard-Immunchemotherapie, dem EXTREME-Schema. In der Studie KEYNOTE-048 wurde Pembrolizumab als Monotherapie und in Kombination mit Chemotherapie zur Erstlinientherapie bei Patienten mit rezidiviertem oder metastasiertem HNSCC eingesetzt. Laut Prof. Dr. Susanne Wiegand, Leipzig, konnte gegenüber dem toxischen EXTREME-Schema unter der Pembrolizumab-Monotherapie das Gesamtüberleben bei Patienten, deren Tumoren PD-L1 mit einem kombinierten positiven Score (CPS) ≥ 20 exprimierten, um 39% (HR 0,61; 95%-KI 0,45–0,83; p = 0,0007) und bei Patienten mit einem CPS ≥ 1 um 22% verbessert werden (HR 0,78; 95%-KI 0,64–0,96; p = 0,0086). Die Ansprechrate lag unter Pembrolizumab bei 23,2% gegenüber 36,1% unter dem EXTREME-Schema, jedoch hielt die Wirkung von Pembrolizumab mit 20,9 vs. 4,2 Monaten rund fünfmal länger an; außerdem blieb den Patienten die belastende Chemotherapie erspart. Wiegand fasste zusammen: Noch seien nicht alle Fragen im Zusammenhang mit den hochpotenten und „spannenden“ Checkpoint-Inhibitoren geklärt. Nicht jeder Patient reagiere gleich gut – es bedürfe daher einer genauen Selektion, und die Therapie sollte in den Händen erfahrener Kliniken liegen.
Barbara Nickolaus