Eine Erhaltungstherapie mit Olaparib nach Ansprechen auf eine platinbasierte Erstlinien-Chemotherapie reduziert bei Frauen mit BRCA-mutiertem (in der Keimbahn oder somatisch), fortgeschrittenem Ovarialkarzinom das Risiko für Krankheitsprogression oder Tod im Vergleich zu Placebo um 70% [1]. Dadurch sind nach drei Jahren noch 60% der Patientinnen rezidivfrei gegenüber 27% unter Placebo. Das unterstreicht die Bedeutung der BRCA-Testung.
Geprüft wurde die Erhaltungstherapie mit Olaparib laut Prof. Dr. Andreas du Bois, Essen, in der Studie SOLO-1. Das Ergebnis der Studie signalisiert nach seiner Darstellung einen enormen Fortschritt in der Therapie des BRCA1/2-mutierten Ovarialkarzinoms und hat zur Erweiterung der Zulassung für Olaparib (Lynparza®) geführt; der Inhibitor hemmt das Enzym PARP (Poly-ADP-Ribose-Polymerase), das für Reparaturmechanismen bei DNA-Schäden verantwortlich zeichnet.
Realistische Chance auf Langzeitüberleben
„Wir haben nun erstmals die Möglichkeit, auch Patientinnen mit einem neu diagnostizierten BRCA-mutierten Ovarialkarzinom nach der Erstlinien-Chemotherapie mit Olaparib zu behandeln“, erklärte der Onkologe. „Damit können wir das progressionsfreie Überleben signifikant verlängern, mit realistischer Chance auf ein Langzeitüberleben.“
An der internationalen, randomisierten, doppelblinden Phase-III-Studie SOLO-1 nahmen 391 Frauen mit neu diagnostiziertem fortgeschrittenem Ovarialkarzinom, primärem Peritonealkarzinom oder Eileiterkarzinom mit BRCA1/2-Mutation (Keimbahn und/oder somatisch) teil. Sie wurden im Verhältnis 2 : 1 randomisiert und mit Olaparib Filmtabletten oder Placebo behandelt. Primärer Endpunkt der Studie war das progressionsfreie Überleben (mPFS). In der Placebogruppe lag der Medianwert für das PFS bei 13,8 Monaten, im Olaparib-Arm war er bei der Datenauswertung nach gut 40 Monaten noch nicht erreicht. Damit ergibt sich durch die Erhaltungstherapie mit Olaparib eine Risikoreduktion für KrankheitsproKonkret unter Olaparib hatten 60% der Patientinnen nach 36 Monaten kein PFS-Ereignis, das sind doppelt so viele wie unter Placebo mit 27%.
Der Behandlungsvorteil war in allen untersuchten Subgruppen zu beobachten, setzte sich auch langfristig fort und blieb laut du Bois über die 24-monatige definierte Therapiedauer erhalten. Es resultierte dabei eine 50-prozentige Reduktion des Risikos für ein zweites Rezidiv oder Tod gegenüber Placebo. Die Daten zum Gesamtüberleben sind nach Angaben des Gynäko-Onkologen noch unreif. An der Bedeutung der aktuellen Befunde ist jedoch nicht zu zweifeln: „Olaparib bringt die Therapie des Ovarialkarzinoms einen sehr großen Schritt voran“, so du Bois. „Wir gehen davon aus, dass sich die Erhaltungstherapie beim BRCA-mutierten fortgeschrittenen Ovarialkarzinom etablieren wird.“
Konsistentes Sicherheitsprofil
In der SOLO-1-Studie bestätigte sich zudem das aus früheren Studien bekannte Sicherheitsprofil von Olaparib. Schwerwiegende unerwünschte Reaktionen traten unter dem PARP-Inhibitor bei 21% der Patentinnen auf (12% unter Placebo). Die häufigsten Nebenwirkungen waren Übelkeit, Fatigue/Asthenie, Erbrechen, Anämie und Diarrhöen. Die Reaktionen waren meist gut zu handhaben und führten lediglich in 12% der Fälle (Placebo 2%) zum Therapieabbruch.
BRCA-Testung bei allen Frauen mit Ovarialkarzinom
Die Studienergebnisse sind laut Prof. Dr. Rita Schmutzler, Köln, sehr beeindruckend und haben auch für die BRCA-Testung Konsequenzen. Damit die erkrankten Frauen von den Therapiefortschritten profitieren können, ist eine genetische Testung nach Schmutzler unerlässlich. Sie ist Voraussetzung für die Behandlung mit Olaparib beim neu diagnostizierten fortgeschrittenen Ovarialkarzinom und sollte so früh wie möglich veranlasst werden: „Es sollte bei jeder Frau, bei der ein Ovarialkarzinom diagnostiziert wird, eine entsprechende Testung durchgeführt werden“, forderte die Medizinerin, „weil sie wichtig für die Therapieentscheidung und im Hinblick auf die familiäre Belastung auch für die Prävention bedeutsam ist.“
Bei Kooperation mit dem Konsortium für erblichen Brust- und Eierstockkrebs ist eine Keimbahn-Testung im Blut bei allen Frauen mit Ovarialkarzinom unter 80 Jahren möglich, ohne dass das Budget belastet wird. Ist der Keimbahn-Test negativ, so ist eine zusätzliche Tumordiagnostik zum Nachweis oder Ausschluss von somatischen Mutationen wichtig. Bei primärer Tumordiagnostik und negativem Test ist nach Schmutzler zudem eine zusätzliche Blutanalyse zum Nachweis oder Ausschluss von relevanten anderen genetischen Veränderungen wichtig.
Christine Vetter