Mit Abemaciclib wurde im Herbst 2018 der dritte CDK4/6-Inhibitor zur Behandlung von metastasiertem Hormonrezeptor(HR)-positivem, HER2-negativem Brustkrebs zugelassen. Die zusätzliche Gabe der Substanz zur endokrinen Therapie zahlt sich in einer signifikanten Verbesserung des progressionsfreien Überlebens (PFS) aus.
Das Mammakarzinom steht in Deutschland bei Frauen an der Spitze der Krebs-Neudiagnosen mit gut 30% der Tumorerkrankungen. Trotz aller Fortschritte in Screening und Therapie war die Mortalität 2015 mit über 18.000 Sterbefällen weiterhin hoch. Überwiegend erkranken Frauen in höherem Alter ab 65 Jahre. Laut Prof. Sherko Kümmel, Essen, sind jedoch drei von zehn Betroffenen bei Diagnosestellung unter 55 Jahre alt.
Das fernmetastasierte Mammakarzinom ist mittlerweile eine chronische Erkrankung, die dauerhaft behandelt werden muss. Da Frauen mit HR-positivem Brustkrebs rund zwei Drittel aller Betroffenen stellen, handelt es sich meist um eine endokrin-basierte Therapie. Nur bei einer viszeralen Krise ist hier leitliniengemäß eine Chemotherapie indiziert. „Jährlich sehen wir jedoch maximal drei solcher Patientinnen“, so Kümmels Erfahrung. Das PRAEGNANT-Brustkrebsregister zeigt, dass der Anteil zytostatisch behandelter Frauen von gut 50% im Jahr 2014 auf nur noch ca. 36% im Jahr 2017 gefallen ist [1]. „Diese Entwicklung verdanken wir den CDK4/6-Inhibitoren. Die Chemotherapie wird dank dieser neuen Substanzen beim metastasierten HR-positiven Brustkrebs weiter an Bedeutung verlieren“, erklärte Kümmel.
Mit Antiöstrogenen, GnRH-Analoga und Aromatasehemmern stehen heute Substanzen aus verschiedenen Wirkklassen für die endokrine Therapie zur Verfügung. Allerdings ist eine De-novo-Resistenz auf die endokrine Erstlinientherapie nicht selten; zudem entwickelt die Mehrheit der Patientinnen mit metastasiertem HR-positivem Brustkrebs im Therapieverlauf eine endokrine Resistenz. Ursächlich ist oft die Aktivierung von Cyclin D1 und damit eine Stimulierung der Tumorzellproliferation. Mit den CDK4/6-Inhibitoren, die durch selektive Hemmung von CDK4 und 6 zum Zellzyklus-Arrest führen, kann diese Resistenz durchbrochen werden.
Höchste AGO-Empfehlung
Zum Nutzen der CDK4/6-Inhibitoren liegt mittlerweile eine umfassende Evidenz beim metastasierten HR-positiven, HER2-negativen Brustkrebs aus zahlreichen Studien zur Erst- und Zweitlinientherapie vor. Auf Basis der positiven Daten spricht sich die Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Onkologie (AGO) in ihrer Leitlinie zum metastasierten HR-positiven Brustkrebs mit einem Doppelplus (++), der höchsten AGO-Empfehlung, für CDK4/6-Inhibitoren wie Abemaciclib (Verzenios®) zusätzlich zur endokrinen Therapie aus [2].
Abemaciclib wurde in dieser Situation auf Basis der Phase-III-Studien MONARCH 3 und MONARCH 2 in Kombination mit einem Aromatasehemmer bzw. Fulvestrant für die Erst- bzw. Zweitlinientherapie zugelassen [3, 4]. In beiden Studien war die zusätzliche Gabe des CDK4/6-Inhibitors zur endokrinen Therapie der alleinigen antihormonellen Therapie eindeutig überlegen: In
MONARCH 3 wurde das progressionsfreie Überleben (PFS) bei Addition von Abemaciclib zum Aromatasehemmer fast verdoppelt, das Progressionsrisiko um 46% reduziert (28,1 vs. 14,7 Monate; HR 0,54; p = 0,000021; [3]). In MONARCH 2 zur Zweitlinientherapie mit Abemaciclib fiel die Risikoreduktion für einen Progress mit relativ 45% fast identisch aus (16,4 vs. 9,3 Monate; HR 0,55; p < 0,001; [4]).
Beide Studien schlossen auch Patientinnen mit ungünstigem prognostischem Risikoprofil, d. h. mit Lebermetastasierung, negativem Progesteronrezeptor-Status und hohem Tumor-Grading ein. Laut einer Subgruppenanalyse der gepoolten Daten von MONARCH 2 und 3 profitierten auch diese Patientinnen deutlich von der Abemaciclib-Zugabe [5]. Bei Lebermetastasierung sollte man deshalb nicht gleich reflexartig zur Chemotherapie greifen, kommentierte Kümmel. Auch ein hohes Tumor-Grading ist nach seinen Worten kein Entscheidungskriterium pro Chemotherapie.
Kümmel wies darauf hin, dass das kontinuierlich verabreichte Abemaciclib generell vergleichsweise gut vertragen wurde. Neutropenien sind seltener als mit den anderen Substanzen dieser Wirkstoffklasse. Hauptsächliche Nebenwirkung ist die meist nur initial auftretende Diarrhö, die jedoch mittels Dosisreduktion und Gabe von Antidiarrhoika gut kontrolliert werden kann.
Katharina Arnheim