Zur Erstlinientherapie des Multiplen Myeloms bei älteren, nicht transplantationsfähigen Patienten stellen seit Jahren die Kombinationen aus Bortezomib, Melphalan und Prednison (MVP) bzw. aus Lenalidomid (Revlimid®) und Dexamethason (Rd) vielgebrauchte Standards dar. Seit Mai 2019 ist in der EU auch die Dreierkombination aus Lenalidomid, Bortezomib und Dexamethason (RVd) zugelassen, außerdem für Patienten im Rezidiv, die mindestens bereits Lenalidomid erhalten haben, das PVd-Protokoll (Pomalidomid + Vd).
Grundlage für die Frontline-Zulassung von RVd war die Studie S0777 der Southwestern Oncology Group (SWOG), so Dr. Hans Salwender, Hamburg [1]: In ihr waren 525 Patienten mit symptomatischem neu diagnostiziertem Myelom randomisiert worden, initial entweder Lenalidomid, Bortezomib und Dexamethason (RVd) oder Rd alleine zu erhalten. RVd wurde über acht dreiwöchige Zyklen gegeben, wobei Bortezomib in einer Dosis von 1,3 mg/m2 an den Tagen 1, 4, 8, und 11 intravenös infundiert wurde; Rd wurde in sechs vierwöchigen Zyklen verabreicht. In beiden Armen bekamen die Patienten anschließend ein Standard-Rd-Regime bis zur Krankheitsprogression.
Die Ergebnisse zeigten, dass das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) unter RVd signifikant länger war als unter Rd alleine (42 vs. 30 Monate; Hazard Ratio 0,76; 95%-Konfidenzintervall 0,62–0,94; p = 0,01) ebenso das Gesamtüberleben (median 89 vs. 67 Monate; HR 0,72; 95%-KI 0,56–0,94; p = 0,013; [1]). Auch Gesamtansprechrate (82% vs. 72%) und Komplettremissionsrate (16% vs. 8%) waren unter RVd höher als unter Rd, ebenso die Dauer des Ansprechens (median 52 vs. 38 Monate). Die Sicherheit von RVd entsprach den bekannten Sicherheitsprofilen der einzelnen Medikamente in dem Kombinationsregime [2, 3].
Die Gabe von Bortezomib zweimal wöchentlich zog periphere Neuropathien nach sich und führte bei einem Teil der Patienten zu einem vorzeitigen Behandlungsende: Das dürfte in künftigen Studien und auch in der Praxis kein großes Problem mehr darstellen, so Salwender, weil der Proteasom-Inhibitor heute in der Regel subkutan gegeben wird und nicht mehr intravenös wie in der S0777-Studie, wodurch sich das Neuropathie-Risiko stark verringert.
PVd im Rezidiv hochwirksam
Seit Mai 2019 ist auch die Kombination aus dem neueren Immunmodulator Pomalidomid (Imnovid®) und Vd (PVd) zur Behandlung im ersten Rezidiv des Multiplen Myeloms bei Patienten, die mindestens schon Lenalidomid erhalten haben, zugelassen. Nachdem Lenalidomid einer der Behandlungsstandards für Patienten mit neu diagnostiziertem multiplem Myelom ist, nimmt die Zahl der Lenalidomid-refraktären Patienten, die neue wirksame Therapieoptionen benötigen, zu, so Prof. Igor Blau, Berlin.
Die Zulassung des Pomalidomid-basierten Tripletts PVd beruht auf den Daten der Phase-III-Studie OPTIMISMM [4]. Darin wurden 559 Patienten mit median zwei Vortherapien randomisiert, bis zur Krankheitsprogression entweder PVd oder Vd zu erhalten. Nach einem medianen Follow-up von 16 Monaten war das PFS unter PVd signifikant länger (median 11,2 vs. 7,1 Monate; HR 0,61; 95%-KI 0,49–0,77; p < 0,0001), entsprechend einer Reduktion des Risikos für Progression oder Tod um 39%. In einer explorativen Subgruppenanalyse profitierten Patienten, die nur eine Vortherapie erhalten hatten, mit einem medianen PFS von 20,7 versus 11,6 Monaten sogar noch deutlich stärker (HR 0,54; 95%-KI 0,36–0,82, p = 0,0027; [4, 5]), und zwar unabhängig davon, ob sie gegen die vorausgegangene Therapie mit Lenalidomid refraktär gewesen waren oder nicht.
Auch hier entsprach das Sicherheitsprofil des Tripletts den bekannten Profilen der Einzelsubstanzen, so Blau. Ein Therapieabbruch aufgrund unerwünschter Ereignisse erfolgte bei 11% der Patienten im PVd-Arm versus 18% derer im Vd-Arm.
jfg