Prof. Hermann Einsele, Würzburg, wies darauf hin, dass Patienten mit einem MM auch nach gutem Ansprechen auf die Primärtherapie im weiteren Verlauf meist ein Rezidiv erleiden. Die Wahrscheinlichkeit für eine erneute Remission wird in späteren Therapielinien geringer, die Remissionsdauer immer kürzer. Die Prognose von Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem MM (r/rMM) ist ungünstig: Nach mindestens drei Vortherapien sprechen nur noch 30 % der Betroffenen an; das progressionsfreie Überleben (PFS) liegt bei unter fünf Monaten.
Hinzu kommt, dass das Nebenwirkungsrisiko bei stark vorbehandelten Patienten erhöht und die Lebensqualität damit eingeschränkt ist. „In dieser Situation werden daher unbedingt neue Therapieoptionen benötigt“, forderte Einsele.
Mit Elranatamab (Elrexfio®) wurde ein bispezifischer Antikörper entwickelt, der gleichzeitig an das B-Zell-Reifungsantigen (BCMA) auf der Myelomzelle und an den CD3-Rezeptor auf T-Zellen andockt und beide Zellen in Form einer „immunologischen Synapse“ verbindet. Dadurch wird die T-Zelle aktiviert, und sie führt über die Freisetzung zytolytischer Enzyme wie Perforin und Granzym B zur Lyse der Tumorzelle.
Im Dezember 2023 wurde Elranatamab zur Behandlung von r/rMM-Patienten nach mindestens drei Therapielinien (Immunmodulator, Proteasom-Inhibitor, CD38-Antikörper) in der EU zugelassen. Basis der Zulassung waren die Daten der Kohorte A aus der Phase-II-Studie MagnetisMM-3 [1]. Sie umfasste 123 Patienten, die zuvor keine gegen BCMA gerichtete Therapie erhalten hatten und mit Elranatamab (76 mg) als wöchentliche s.c.-Injektion behandelt wurden. Ein Viertel der Teilnehmenden, die im Median bereits fünf Vortherapien erhalten hatten, wies eine Hochrisikozytogenetik auf, und etwa ein Drittel hatte eine extramedulläre Erkrankung (EMD), informierte Prof. Marc-Steffen Raab, Heidelberg. 70 % hatten bereits die fünf wichtigsten beim MM eingesetzten Medikamente erhalten, 42 % waren dagegen refraktär.
Hohe Ansprechrate trotz Vortherapie
Trotz dieser äußerst intensiven Vortherapie sprachen 61 % der Patienten auf Elranatamab an, davon 35 % mit einer mindestens kompletten Remission (≥ CR) und 56,1 % mit einer mindestens sehr guten partiellen Remission (≥ VGPR). Diese Raten seien deutlich höher als ältere Daten in dieser Situation mit einer Ansprechrate von nur etwa 30 %, betonte Raab.
Bei Patienten mit zwei bis drei Vortherapien lag in MagnetisMM-3 die Gesamtansprechrate (ORR) bei 73,1 %, die Rate an ≥ CR bei 46,2 % und die Rate an ≥ VGPR bei 69,2 %. Für Patienten ohne EMD lauten die entsprechenden Zahlen 71,4 % beziehungsweise 40,5 % und 67,9 %. Fast 90 % der Patienten mit auswertbaren Daten wurden unter der Therapie MRD(„minimal residual disease“)-negativ.
50 Ansprechende wurden von der wöchentlichen auf die 14-tägige Injektion von Elranatamab umgestellt. 40 von ihnen (80 %) blieben auch nach der Umstellung in der jeweiligen Remission oder erreichten sogar ein noch tieferes Ansprechen. „Die Verlängerung des Injektionsintervalls tut also dem weiteren Therapieerfolg keinen Abbruch“, kommentierte Raab. Nach 15 Monaten waren weiterhin 71,5 % der Ansprechenden in Remission. Laut einem Update im März 2024 nach einem medianen Follow-up von 28,4 Monaten betrug die ORR 61 % (≥ CR 37,4 %). Das PFS lag bei median 17,2 Monaten [2]. Das mediane Gesamtüberleben betrug gemäß dieser Auswertung 24,6 Monate.
Kontrollierbares Sicherheitsprofil
Häufigste Nebenwirkungen des bispezifischen Antikörpers sind das Zytokinfreisetzungssyndrom, Anämie und Neutropenie. Raab bezeichnete das Sicherheitsprofil jedoch als insgesamt kontrollierbar. Vorteilhaft ist nach seinen Worten, dass Elranatamab als gebrauchsfertige Festdosisoption verfügbar ist und ansprechende Patienten nach 24 Wochen auf die zweiwöchentliche s.c.-Injektion umgestellt werden können. Dies stellt für Ärzte und Patienten eine große Erleichterung dar.
Einer Lebensqualitätsanalyse der Studie MagnetisMM-3 zufolge berichteten Patienten von einer frühzeitigen Linderung von Schmerzen und Krankheitssymptomen unter Elranatamab [3].
Katharina Arnheim