Für die Erstlinientherapie bei einem fortgeschrittenen und/oder metastasierten Nierenzellkarzinom steht etwa ein Dutzend Medikamente und Substanzkombinationen zur Verfügung. Die Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI), VEGFR-Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) und mTOR-Inhibitoren werden nach einer in der S3-Leitlinie vorgeschlagenen Systematik eingesetzt [1]. Standard sind Kombinationstherapien, weil diese sich im Allgemeinen als wirksamer verglichen mit Monotherapien erwiesen haben. In der Anfang 2023 aktualisierten Leitlinie (Version 4.0) wird eine ICI-basierte Kombinationstherapie mit einem VEGFR-TKI empfohlen, abgestimmt auf das individuelle Risiko (IMDC – International Metastatic Renal Cell Carcinoma Database Consortium).
Gutes und intermediäres Risiko differenzieren
Hierbei sollten jedoch Patienten mit günstiger Prognose von jenen mit intermediärem Risiko differenziert werden, erklärte Prof. Christian Doehn, Lübeck. Denn es mehren sich die Hinweise darauf, dass bei günstigem Risiko mit einer Monotherapie gute Überlebensraten bei guter Verträglichkeit erzielt werden können. Doehn verwies auf eine aktuelle Metaanalyse von Mehrjahresdaten aus Zulassungsstudien von ICI-basierten Kombinationstherapien im Vergleich zu einer TKI-Monotherapie. Hinsichtlich der Gesamtüberlebensrate erwies sich die TKI-Monotherapie als nicht unterlegen [2]. „Für diese Patientengruppe ist es offensichtlich nicht von Vorteil, von vornherein mit der Kombination zu beginnen“, sagte Doehn. Hinzu kommt, dass aufgrund von Komorbiditäten und Begleitmedikationen bei den meist älteren Patienten vielfach keine ICI-Therapie möglich ist.
Real-World-Daten zu Tivozanib
Aus der beim 75. Kongress der DGU in Leipzig vorgestellten, nichtinterventionellen Studie T-Rex mit Real-World-Daten zu Tivozanib (Fotivda®) geht hervor, dass der TKI als Monotherapie bei günstiger Prognose nicht zuletzt wegen seiner geringen Off-Target-Effekte mit im Vergleich zu anderen VEGF(R)-Inhibitoren vorteilhaftem Sicherheitsprofil sowie guter Wirksamkeit zur Erstlinienbehandlung von mRCC-Patienten geeignet ist, und zwar auch bei hohem Alter. Von den insgesamt 32 Teilnehmenden mit einem Durchschnittsalter von 75,4 Jahren sprachen 18,8 % vollständig und 28,1 % partiell an. Eine Stabilisierung konnte bei 12,5 % erreicht werden. Nach einem Jahr lebten noch 56,25 % der Behandelten ohne Progression. Bestätigt werden konnte das im Vergleich zu anderen Arzneimitteln der Substanzgruppe gute Sicherheitsprofil mit wenigen Grad-3/4-Nebenwirkungen. Damit, so Doehn, sei die Diskussion zur Kombinationstherapie versus Monotherapie bei Good-Risk-Patienten neu eröffnet.
Dr. Thomas Meißner