Individualisierte Behandlungsmethoden der Präzisionsonkologie würden große Chancen und bessere Heilungserfolge bieten. Sie seien für eine zunehmende Zahl an Patienten heute schon Realität, sagte Westphalen. Das fange bei personalisierten Krebstherapien an, die sich zielgerichtet gegen individuelle Tumortreiber richten, und reiche bis zu Checkpoint-Inhibitoren, die die Immunabwehr gegen den Tumor stimulierten.
Doch Patienten brauchen laut Westphalen in der breiten Versorgung einen möglichst frühen Zugang zu innovativen und hochpräzisen Krebstherapien. Denn gute Daten würden zeigen, dass der größte Gewinn einer zielgerichteten Therapie für die Betroffenen zwischen der ersten und zweiten sowie der zweiten und dritten Therapielinie zu erreichen sei. Danach gehe es rapide nach unten, und auch das beste Molekül helfe nicht mehr, erklärte Westphalen.
Es sei jedoch eine große Herausforderung, die neue Diagnostik anzubieten und die Innovation tatsächlich an die Patienten zu bringen. „Die Vielzahl neuer biomarkergetriebener Substanzen ist etwas Schönes, weil wir Behandelnde mehr Medikamente für unsere Patienten haben. Aber das ist für verschiedene Teile des Gesundheitssystems auch bedrohlich“, sagte Westphalen.
Um das Potenzial nutzen zu können, „müssen wir bestehende Prozesse und Strukturen neu denken; und es müssen alle Beteiligten im Gesundheitssystem zu transsektoraler Vernetzung und echter Zusammenarbeit bereit sein“, betonte er weiter.
Ralf Zerbes, Roche Pharma AG, sieht die Versorgung von Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen gefährdet, wenn Innovationen durch Preisdeckel und erhöhte Zwangsrabatte des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes nicht mehr als Innovation honoriert würden. Denn dadurch würde die Forschung ausgebremst und der Markteintritt für innovative Therapien unattraktiv.
Erste pharmazeutische Hersteller hätten bereits angekündigt, aufgrund des Preisdrucks und der Zwangsrabattierung neue Arzneimittel und Kombinationstherapien in Deutschland nicht mehr auf den Markt bringen zu wollen. Das könne dazu führen, dass innovative Therapien den Patienten in Deutschland zukünftig nicht mehr ohne Weiteres zur Verfügung stehen, so Zerbes.
Ulrike Tietze