Ein metastasiertes Kolonkarzinom (mCRC) mit einem Primärtumor im rechtsseitigen Kolon (einschließlich des Colon transversum) und KRAS-Wildtyp (WT) hat eine schlechtere Prognose als bei einem linksseitigen Primarius distal der Milzflexur. Dieser Befund wird jetzt durch eine Reihe weiterer Analysen eindeutig bestätigt und hat Auswirkungen auf die Therapiestrategie.
Der bereits beim ASCO-Kongress 2016 unter anderem in einer retrospektiven Analyse der CALGB/SWOG- Studie 80405 [1] publizierte Befund, dass primär rechtsseitige mCRC mit RAS-WT deutlich von einer Erstlinien-Behandlung mit dem Angiogenese-Hemmer Bevacizumab (Avastin®) im Vergleich zur einer EGF-Rezeptor(EGFR)-basierten Therapie profitieren, wird durch neue Daten beim ASCO-Kongress 2017[2] auch auf Patienten mit zusätzlicher BRAF-Mutation erweitert. Hier zeigte sich ein numerischer Vorteil in Bezug auf das mediane Gesamtüberleben (23,7 vs. 5,8 Monate) gegenüber einer Cetuximab-basierten Behandlung, so Prof. Dr. Arndt Vogel von der Medizinischen Hochschule Hannover. Diese klinisch relevante Aufteilung in rechts- und linksseitiges Kolon wird durch unterschiedliche Expression molekularer Charakteristika wie Hypermethylierung, Mikrosatelliten-Instabilität (MSI) und BRAF-Status gestützt, „so dass wir sowohl von den klinischen Befunden als auch von den molekularen Markern, die wir als wichtig erachten, eine gute Trennung haben“, betonte Vogel.
Für die prinzipielle Wirksamkeit eines Anti-Angiogenese-basierten Therapieansatzes mit Bevacizumab habe die Tumorlokalisation keine Bedeutung [3], wohl aber für die Behandlung mit EGF-Rezeptor-Antikörpern wie Cetuximab. Die EGFR-basierte Strategie habe sich in einer Reihe von Studien ausschließlich bei linksseitigen Tumoren als vorteilhaft erwiesen. Für rechtsseitige Primärtumoren sei dagegen bekannt, „dass diese Patienten selten oder gar nicht von einer EGFR-Therapie profitieren“, so Vogel.
Aktuelle Leitlinien etwa der Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO) oder des US-amerikanischen National Comprehensive Cancer Network (NCCN) spiegeln die neuen Befunde bislang unzureichend wider. Für in der europäischen ESMO-Leitlinie genannte Therapieziele wie Zytoreduktion oder Krankheitsstabilisierung, basierend auf Response-basierten Endpunkten wie der „early tumor shrinkage“ (ETS), sieht der Onkologe – auch basierend auf Analysen der Phase-III-Studie FIRE-3 – bezüglich der Prognose derzeit keine Evidenz.
Ein weiterer Vorteil der Bevacizumab-basierten Therapie ist für Professor Dr. Dirk Arnold vom Asklepios-Klinikum Hamburg-Altona, dass sie auch nach einer Progression bei gleichzeitigem Wechsel der Chemotherapie mit Erfolg beibehalten werden kann und zugelassen ist. Basis der Zulassung sind Befunde der deutschen Phase-III-Studie ML18147 [4] („TML“: Treatment through Multiple Lines). Bestätigt werden sie durch die italienische Phase-II-Studie Bebyp [5].
Das metastasierte Kolonkarzinom wird nach Arnolds Einschätzung allerdings kein Modelltumor für neue molekulare Therapien werden: „Möglicherweise werden künftig kleine Subgruppen eine sehr spezifische Therapie bekommen, aber die über verschiedene molekulare Subtypen wirksame Kombination von Chemotherapie mit Bevacizumab wird für viele oder die meisten Patienten auch für die nächsten Jahre der Standard bleiben.“
Andreas Häckel
1. Venook AP et al. J Clin Oncol 2016; 34 (15S; ASCO 2016, Abstract #3504).
2. Innocenti F et al. J Clin Oncol 2017; 35 (15S; ASCO 2017, Abstract #3504).
3. Loupakis F et al., J Natl Cancer Inst 2015 107(3): doi:10.1093/jnci/dju427.
4. Bennouna J et al. Lancet Oncol 2013; 14: 29-37.
5. Masi G et al. Ann Oncol 2015; 26: 724-30.
Pressegespräch „First-Line-Therapie & beyond: Einsatz von Avastin® beim mCRC“ am 25.07.2017 in Frankfurt/Main, veranstaltet von Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen.