Die Standardbehandlung für fortgeschrittene HL-Stadien sind PET-2-adaptiert vier bis sechs Zyklen eskaliertes BEACOPP (Bleomycin, Etoposid, Doxorubicin, Cyclophosphamid, Vincristin, Procarbazin und Prednison) und eine Nachbestrahlung bei PET-positiven Resten. „Allerdings haben gerade junge Patienten unter 35 Jahren ein signifikant erhöhtes kumulatives Risiko für das Auftreten von Sekundärneoplasien, sodass wir dieser Population gern so viel wie nötig, aber auch so wenig wie möglich Chemotherapie zukommen lassen möchten“, erklärte Prof. Dr. Lena Illert, Freiburg. Zusätzlich berge die Chemotherapie Nebenwirkungen wie ischämische Herzerkrankungen, Infertilität und durch Bleomycin verursachte pulmonale Fibrosen. „Insofern haben wir das Ziel, durch den Einsatz zielgerichteter Substanzen eine Chemotherapie-Reduktion und eine Behandlung von gebrechlichen Patienten zu ermöglichen“, erläuterte sie.
5-Jahres-Update bestätigt PFS-Vorteil
Brentuximab Vedotin (Adcetris®) (BV) ist in Kombination mit AVD (A + AVD) bislang die einzige zielgerichtete Option in der Erstlinie für erwachsene HL-Patienten im Stadium IV, zugelassen basierend auf den Daten der ECHELON-1-Studie. Im aktuellen 5-Jahres-Update, das auf der Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) 2020 vorgestellt worden ist, zeigte sich weiterhin ein signifikanter und andauernder Vorteil im progressionsfreien Überleben (PFS) für Patienten im A + AVD-Arm, wie Illert zusammenfasste. Das PFS betrug 82,2 % gegenüber 75,3 % im ABVD-Arm (HR 0,681; 95%-KI 0,534–0,867; p = 0,002) [1]. Auch ≥ 60-Jährige profitierten, wenn auch etwas geringer als Jüngere. Das bestätigte sich in der Real-Life-Situation, in der mehr ältere HL-Patienten mit höherer Komorbidität behandelt werden. In einer retrospektiven Kohortenstudie mit über 4.200 Patienten wurden eine 2-Jahres-PFS-Rate von 75 % und ein 2-Jahres-Gesamtüberleben von 96 % erreicht [2].
Erleiden HL-Patienten ein erstes Rezidiv, ist eine Hochdosis-Chemotherapie mit anschließender ASZT Standard. Der Therapieerfolg hängt allerdings vom
Risikoprofil ab. Für Hochrisikopatienten könne direkt im Anschluss eine Konsolidierungstherapie mit BV die Prognose verbessern, sagte PD Dr. Bastian von Tresckow, Essen. Er bezog sich dabei auf die 5-Jahres-Daten der Placebo-kontrollierten Phase-III-Studie AETHERA: Das 5-Jahres PFS lag bei 59 % unter einer Konsolidierung mit BV im Vergleich zu 41 % unter Placebo (HR 0,521; 95%-KI 0,379–0,717) [3]. Dies haben laut von Tresckow nun Real-World-Daten bestätigt: Nach einem medianen Follow-up von 35 Monaten zeigte sich ein 2-Jahres-PFS von 75,3 %. [4].
Sabrina Kempe