Krebspatienten waren aus den Zulassungsstudien der COVID-19-Impfstoffe ausgeschlossen, sodass bisher kaum Daten zu Wirksamkeit und Sicherheit der Impfstoffe bei Krebspatienten und vor allem bei Patienten unter gleichzeitiger systemischer Antitumortherapie vorlagen. Die SOAP-02 (Sars-CoV-2 fOr cAncer Patients)-Studie sollte deshalb zum einen eben diese Daten generieren, zum anderen untersuchen, ob die Zweitimpfung nach 21 Tagen bei den Tumorpatienten einen signifikanten Effekt hat.
Diese Frage war für die britischen Autoren auch vor dem Hintergrund der Verlängerung des Intervalls bis zur Zweit-impfung auf 12 Wochen im Vereinigten Königreich relevant.
Die Daten von 151 britischen Krebspatienten und 54 gesunden Kon-trollpersonen wurden ausgewertet. Während das mediane Alter der Krebspatienten bei 73 Jahren lag und 75 % über 65 Jahre alt waren, bestand die Kontrollkohorte aus meist deutlich jüngerem medizinischem Personal. 95 (63 %) der Krebspatienten hatten einen soliden Tumor, 56 (37 %) ein hämatologisches Malignom. 80 % der Patienten befanden sich in einem fortgeschrittenen Tumorstadium. Bestimmt wurden die Antikörperspiegel (IgG-Antikörper gegen das SARS-CoV-2 S-Protein), die T-Zell-Aktivierung und die Neutralisierung von SARS-CoV-2.
Einmaldosis bei Krebspatienten deutlich weniger immunogen
Die Erstimpfung mit 30 µg BNT162b2 führte zwar in der ganz überwiegenden Mehrheit der gesunden Kontrollgruppe zu einer Serokonversion, nicht aber bei den Krebspatienten. So zeigten die Anti-S-IgG-Titer bei 97 % der gesunden Kontrollgruppe ein ausreichendes Ansprechen gegenüber nur 39 % der Patienten mit soliden Tumoren (p < 0,0001).
Wirksamkeit bei hämatologischen Patienten besonders schlecht
Die Wirksamkeit der Impfung war bei den hämatologischen Patienten noch deutlich schlechter: Bei diesen Patienten wurde nur bei 13 % ein ausreichendes Ansprechen der Antikörperspiegel gemessen (p < 0,0001). Außerdem zeigte sich nicht bei allen Patienten mit Serokonversion eine Neutralisierung von SARS-CoV-2.
Etwas besser waren die Daten hinsichtlich der T-Zell-Aktivierung, die in der gesunden Kontrollgruppe und bei Patienten mit soliden Tumoren ausreichend war. Sie korrelierte aber nicht gut mit der Neutralisierung des Virus.
Auffrischimpfung macht Defizit wieder wett
Um einen möglichen positiven Effekt einer Auffrischimpfung nach 21 Tagen zu untersuchen, wurden zwei Kohorten (Auffrischimpfung nach 21 Tagen oder nicht) gebildet und die Daten 5 Wochen nach der Erstimpfung – also 2 Wochen nach der Auffrischimpfung – verglichen.
Bei den Patienten mit soliden Tumoren führte die zweite Impfung zu einer Effektivitätssteigerung auf 95 %. Auch die Neutralisierung von SARS-CoV-2 und die T-Zell-Aktivierung verbesserten sich deutlich. In der Kohorte der Krebspatienten ohne Auffrischimpfung zeigte sich, dass die T-Zell-Reaktivität in den zwei Wochen nicht zunahm, sondern eher schwächer wurde. Für eine Bewertung der Wirkung der Auffrischimpfung bei den Patienten mit hämatologischen Malignomen reichte die Fallzahl nicht aus.
Die Impfung war gut verträglich, wobei die Krebspatienten nach beiden Impfungen über deutlich weniger Nebenwirkungen berichteten als die gesunden Probanden.
Zwei weitere Preprints aus Blood bestätigen die unzureichende Wirksamkeit der ersten Impfung mit BNT162b2 bei hämatologischen Malignomen. Auch bei Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) [2] und bei älteren Patienten mit Multiplem Myelom (MM) [3] war die Antikörperantwort deutlich reduziert.
Mascha Pömmerl