Gerade bei älteren Patienten mit verschiedensten Vorerkrankungen müsse das Wissen moderner Leitlinien, etwa der DGS (www.dgs-praxisleitlinien.de), individuell auf den einzelnen Patienten angepasst werden. Risikofaktoren wie Alter, eine eingeschränkte Leber- und Nierenfunktion und ggf. eine Osteoporose müssen dabei ebenso berücksichtigt werden wie endokrine und metabolische Störungen, der Immunstatus sowie mögliche Interaktionen mit der Begleitmedikation, erklärte Horlemann.
Speziell End-of-dose-Failures, also Wirklücken gegen Ende des Dosierungsintervalls, die anlasslos zu einer akuten Schmerzverstärkung führen und speziell im höheren Alter die Schmerz-Chronifizierung begünstigen, gelte es zu vermeiden. Eine retrospektive Studie der DGS bei 16.762 Tumorschmerzpatienten aus dem PraxisRegister Schmerz verglich die oralen Wirkstoffe Morphin, Oxycodon, Hydromorphon und das 24-Stunden-Hydromorphon HAL.
Effektive Schmerzreduktion
Alle Patienten erhielten Opioide, zusätzlich oft auch nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) sowie weitere Nicht-opioide, Antidepressiva und Antikonvulsiva. Erfolgreich im Sinne einer Dauertherapie über mindestens 12 Wochen mit mindestens 50 % Schmerzreduktion war die Gabe von Morphin bei 21,6 %, von Oxycodon bei 26 %, von Hydromorphon bei 43 % und von 24-Stunden-Hydromorphon bei 53 %. Auch die First Response, also das Ansprechen auf die erste gewählte Opioid-Therapie, unterschied sich deutlich: Patienten, die initial mit Morphin behandelt wurden, sprachen hierauf zu 22 % an, bei Oxycodon waren es 29 %, mit Hydromorphon 51 % und mit 24- Stunden-Hydromorphon sogar 66 %.
„Es kommt also offensichtlich darauf an, dass man bei der Therapie frühzeitig erfolgreich ist“, folgerte Horlemann. Das spiegelte sich auch in der Gesamt-
Response über bis zu 6 Behandlungsversuche wider. In der Summe musste eine Morphintherapie mit einer Erfolgsquote von 21,6 % bei 78,4 % der Patienten
(n = 5.415) abgebrochen werden, eine Behandlung mit 24-Stunden-Hydromorphon (n = 7.420) bei einer Erfolgsquote von 53,1 % dagegen signifikant seltener
(p < 0,001) nur bei 48,8 %.
Auch End-of-dose-Failures traten unter 24-Stunden-Hydromorphon (7,4 %) und Hydromorphon (20,9 %) deutlich seltener auf als unter Morphin (31,4 %) und Oxycodon (26,2 %). Weitere Vorteile von Hydromorphon seien eine relativ geringe Cytochrom-P450(CYP)-Metabolisierung, eine geringe Plasmaeiweißbindung und die relative Unbedenklichkeit auch bei Niereninsuffizienz, so Horlemann. Zur Multimedikation bei geria-trischen und palliativen Patienten eignet sich daher nach seiner Einschätzung Hydromorphon – vor allem in der 24-Stunden-Galenik – wesentlich besser als Morphin oder Oxycodon.
Dr. Andreas Häckel