Die Pathophysiologie von MDS und Beta-Thalassämie ist unterschiedlich: Während es sich bei MDS um eine erworbene klonale Stammzellerkrankung handelt, wie Prof. Uwe Platzbecker, Leipzig, erklärte, ist Beta-Thalassämie laut Dr. Regine Grosse, Hamburg, eine seltene genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang. Die Erkrankungen haben jedoch eine gemeinsame Symptomatik und münden beide klinisch u. a. in eine chronische transfusionsbedürftige Anämie. Wiederholte Transfusionen sind aber mit Risiken wie Eisenüberladung verbunden, die zu Organschädigungen führen und mit reduziertem Gesamtüberleben assoziiert sind [1].
Neue Wirkstoffklasse
Das Fusionsprotein Luspatercept (Reblozyl®), das als Ligandenfalle für Zytokine der TGFβ-Familie fungiert, zielt als erster und einziger in der EU zugelassener Erythrozyten-Reifungs-Aktivator gegen den Erythrozyten-Reifungs-Defekt und ist damit der erste Vertreter einer neuen Wirkstoffklasse.
Anhand der Ergebnisse der zulassungsrelevanten Phase-III-Studie MEDALIST für Niedrigrisiko-MDS zeigte Platzbecker auf, dass 37,9 % der mit Luspatercept behandelten Patienten den primären Endpunkt erreichten, definiert als mindestens 8 Wochen andauernde Transfusionsunabhängigkeit zwischen Behandlungswoche 1 und 24, im Vergleich zu 13,2 % in der Placebogruppe [2].
Den sekundären Endpunkt, Trans-fusionsunabhängigkeit von mindestens 12 Wochen während der Behandlungsperiode, erlangten 28 % der Patienten unter Luspatercept und 8 % in der Placebogruppe. In den Behandlungswochen 1 bis 48 waren es 33 % versus 12 %. Eine Transfusionsunabhängigkeit von mindestens 16 Wochen während der Behandlungsperiode erreichten 19 % der Patienten unter Luspatercept und 4 % in der Placebogruppe, in den Behandlungswochen 1 bis 48 28 % versus 7 % [2]. Die mediane Ansprechdauer unter Luspatercept lag bei 30,6 Wochen versus 13,6 Wochen im Placeboarm. In der zulassungsrelevanten Studie für Beta-Thalassämie wurde eine 33%ige Reduzierung von Transfusionen mit Erythrozyten erzielt, so Grosse. Laut Platzbecker wurde die Luspatercept-Therapie gut toleriert. Die von Patienten am häufigsten berichteten Nebenwirkungen waren Ermüdung, Diarrhö, Asthenie, Übelkeit, Schwindelgefühl, Rücken- und Kopfschmerzen.
Beide Experten begrüßten die neue Therapie mit Luspatercept, die eine Reduktion der Transfusionslast erlaubt und somit eine bessere Kontrolle der Erkrankungen MDS und Beta-Thalassämie ermöglicht.
Sabine M. Rüdesheim