BTKi gehören zum Therapiestandard bei der CLL, betonte Prof. Michael Hallek, Köln, bei der virtuellen Launch-Pressekonferenz zu Acalabrutinib (CALQUENCE®). Allerdings könne das Nebenwirkungsprofil der derzeit verfügbaren BTKi therapielimitierend sein. Da 14 bis 23 % der Patienten, die den BTKi Ibrutinib erhalten, die Therapie abbrechen – oft aufgrund von Unverträglichkeiten wie Infektionen, Blutungen oder Arrhythmien [1–3], besteht ein bislang ungedeckter medical need.
Mit Acalabrutinib steht ein neuer BTKi der zweiten Generation zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit CLL zur Verfügung [4–6]. Er wird eingesetzt als Monotherapie und in Kombination mit Obinutuzumab bei erwachsenen therapienaiven Patienten sowie als Monotherapie bei bereits vorbehandelten Patienten mit CLL [4]. Die neue Wirksubstanz hemmt die Bruton-Tyrosinkinase (BTK) mit besonders hoher Selektivität und zeigt wenige unerwünschte Off-target-Effektegegenüber anderen Kinasen, erklärte Hallek. Dies sei möglicherweise eine Erklärung für das besonders günstige Nebenwirkungsprofil von Acalabrutinib.
Wirksam und gut verträglich
Tatsächlich hatte Acalabrutinib in den Zulassungsstudien ELEVATE TN und ASCEND nicht nur durch hohe Effektivität, sondern auch durch gute Verträglichkeit überzeugt [7 ,8].
Die Studie ELEVATE TN hatte bei 535 zuvor unbehandelten CLL-Patienten die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Acalabrutinib in Kombination mit Obinutuzumab und als Monotherapie im Vergleich zu Chlorambucil plus Obinutuzumab evaluiert [4, 7]. Nach einem medianen Follow-up von 28,3 Monaten war die progressionsfreie Überlebensrate bei den therapienaiven Patienten nach 24 Monaten unter Acalabrutinib/Obinutuzumab mit 93 % gegenüber 47 % unter Chlorambucil/Obinutuzumab nahezu verdoppelt (HR 0,10; 95-%-KI 0,06–0,17; p < 0,0001) [4, 7]. Dies entspricht einem um 90 % reduzierten Risiko für Progression oder Tod. Mit Acalabrutinib mono wurde ebenfalls eine überlegene 24-Monats-Rate für das progressionsfreie Überleben (PFS) von 87 % erreicht (HR 0,2; 95-%-KI 0,13–0,30; p < 0,0001). Die Patienten profitierten über alle Subgruppen hinweg und unabhängig von Hochrisikomerkmalen wie del(17p), TP53-Mutation, unmutiertem IGHV-Status oder komplexem Karyotyp von der Acalabrutinib-basierten Therapie. Zudem überzeugte Acalabrutinib mit einem guten Nebenwirkungsprofil. „Die meisten unerwünschten Ereignisse waren geringgradig und vorübergehend“, so Hallek.
Die Studie ASCEND hatte bei 310 Patienten mit rezidivierter/refraktärer (r/r) CLL eine Acalabrutinib-Monotherapie im Vergleich zu einer Behandlung nach Wahl des Prüfarztes untersucht – Rituximab in Kombination mit Idelalisib oder mit Bendamustin [8]. Nach einem medianen Follow-up von 16,1 Monaten lag die 12-Monats-PFS-Rate unter Acalabrutinib bei 88 % versus 68 % im Vergleichsarm (HR 0,31; 95-%-KI 0,20–0,49; p < 0,0001) [8]. Auch in dieser Studie zeigte der neue BTKi ein günstiges Nebenwirkungsprofil mit leichtgradigen Neutropenien als den häufigsten unerwünschten Ereignissen. Schwere kardiovaskuläre Ereignisse wie Vorhofflimmern, Blutungen oder Bluthochdruck waren unter Acalabrutinib nicht häufiger als im Vergleichsarm [8]. Aufgrund des guten Wirksamkeits- und Verträglichkeitsprofils wird Acalabrutinib als Monotherapie oder kombiniert mit Obinutuzumab bereits in der aktuellen Onkopedia-Leitlinie zur CLL berücksichtigt [9].
Die Verträglichkeit von Therapien sei vor allem dann wichtig, „wenn wir Krankheiten chronifizieren“ und Medikamente wie BTKi bei der CLL dauerhaft einsetzen, erklärte Dr. Manfred Welslau, Aschaffenburg. Er wies darauf hin, dass der typische CLL-Patient im klinischen Alltag median 72 Jahre alt sei und in neun von zehn Fällen Komorbiditäten aufweise. Für diese Patienten könne Acalabrutinib „neue Perspektiven für mehr Verlässlichkeit in der Therapie“ bieten.
Claudia Schöllmann