Etwa 25 % der CRC-Patienten weisen bereits bei Erstdiagnose Fernmetastasen auf, und insgesamt jeder zweite Patient entwickelt eine Fernmetastasierung. Bei ca. 10 % der Patienten mit mCRC ist eine BRAF-Mutation nachweisbar, bei 8 % eine BRAF-V600E-Mutation, so Prof. Thomas Seufferlein, Ulm. Die BRAF-Kinase ist Teil des MAPK-Signalwegs; im Fall einer BRAF-Mutation ist die BRAF-Kinase und damit der gesamte nachgeschaltete Signalweg dauerhaft aktiviert. Seufferlein: „Die Patienten mit BRAF-V600E-Mutation haben das schlechteste progressionsfreie und Gesamtüberleben von allen Patienten mit mCRC.“ Im Vergleich zum Wildtyp ist das Gesamtüberleben (OS) um etwa 50 % reduziert [1].
Die Leitlinien empfehlen die Testung auf die Mutation bei Erstdiagnose eines mCRC [2, 3]. Da man bisher therapeutisch allerdings wenig anbieten konnte, sei die Testrate in der Praxis mit 51,1 % bis zum Beginn der Primärtherapie eher gering, so Seufferlein. Bereits in der Erstlinie werde eine sehr aggressive Therapie empfohlen, auf Basis der TRIBE-Studie [4] eine Triplett-Chemotherapie, evtl. ergänzt mit Bevacizumab, außerdem der frühzeitige Einschluss in klinische Studien. Die Wirksamkeit von Chemotherapie-basierten Behandlungen ist insbesondere ab der Zweitlinie sehr schlecht, mit Ansprechraten von 5–10 % und einem medianen OS von 4–6 Monaten.
Kombinierte zielgerichtete Therapie
Monotherapien mit BRAF-Inhibitoren erwiesen sich beim BRAF-V600-mutierten mCRC als weitgehend wirkungslos. „Dass man alleine BRAF blockiert und damit den onkogenen Treiber neutralisiert, funktioniert beim mCRC leider nicht“, erklärte Prof. Arndt Vogel, Hannover. Der MAPK-Signalweg verlaufe nicht geradlinig, sondern verfüge über regulierende Feedbackschleifen. Die Inhibierung der mutierten BRAF-Kinase hebe die Feedbackregulierung auf, was zu einer Aktivierung des EGF-Rezeptors und einer Reaktivierung des Signalweges führe. „Durch die zusätzliche Blockade des EGFR kann man den MAPK-Signalweg aber effektiver inhibieren“, so Vogel.
Signifikant verlängertes OS
Eine solche Ergänzung der BRAF-Inhibierung war Ansatz der BEACON-Studie, auf deren Basis die EMA-Zulassung erfolgte. Die Phase-III-Studie untersuchte in einer 1 : 1 : 1-Randomisierung eine Zweifachblockade mit Encorafenib + Cetuximab, diese ergänzt mit dem MEK-Inhibitor Binimetinib zu einer Dreifachblockade, sowie als Kontrollgruppe eine Chemotherapie + Cetuximab [5]. Eingeschlossen waren 665 Patienten mit BRAF-V600-mutiertem mCRC nach Versagen von 1–2 systemischen Vortherapien. Die Ergebnisse der kombinierten Blockade von BRAF + EGFR waren vielversprechend. In einer vordefinierten Primäranalyse sprachen mit einer Gesamtansprechrate (ORR) von 20 % signifikant mehr Patienten auf Encorafenib +Cetuximab an als auf die Chemotherapie (ORR 2 %; p < 0,001). Außerdem zeigte sich unter Encorafenib + Cetuximab mit 8,4 Monaten ein signifikant längeres OS als in der Kontrollgruppe mit 5,4 Monaten (HR 0,60; p < 0,001). In einem Update der Studie beim ASCO-Kongress 2020 war das mediane OS von 5,9 Monaten in der Kontrollgruppe auf 9,3 Monate unter der Zweifach- wie auch unter der Dreifachblockade verlängert [6]. „Die Zweifachblockade erweist sich in der BEACON-Studie als genauso gut wie die Dreifachblockade, beides ist deutlich besser als die Chemotherapie“, so Vogels Fazit.
Das Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil der Chemotherapie-freien Behandlung sei dabei gut handhabbar. "Das deutliche Mehr an Wirksamkeit führt nicht zu einem Mehr an Nebenwirkungen,“ resümierte Vogel.
Mascha Pömmerl