„Der Tumor exprimiert von Anfang an VEGF, stimuliert damit das Gefäßwachstum und sichert so seine Versorgung und sein Wachstum“, schilderte Prof. Michael Patrick Lux, Paderborn, die Bedeutung der Angiogenese und des Gefäßwachstumsfaktors VEGF für das Tumorwachstum. Bevacizumab blockiert die Bindung von VEGF an seine Rezeptoren und reduziert die Vaskularisierung der Tumoren, was das Tumorwachstum verhindert und mit der Zeit zu einer Abnahme der Tumorgröße führt – so das Wirkprinzip des effektiven und etablierten onkologischen Klassikers. Am Beispiel metastasiertes Mammakarzinom zeigte Lux die Bedeutung des Behandlungsbausteins Bevacizumab, v. a. bei hohem Remissionsdruck, auf.
Biosimilars gegen Kostenexplosion
„Die Behandlungskosten in der Onkologie steigen seit Jahren exponentiell an“, konstatierte Lux. Betrachte man beispielhaft die Kosten für die Therapie des Mammakarzinoms, liege Deutschland im europäischen Vergleich weit vorn. „Dabei sind wir nicht besser als andere Länder, nur teurer.“ Ein Lösungsansatz seien onkologische Biosimilars.
Bei Biosimilars, die aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit einem bereits vorhan-denen Biologikum – dem Referenzprodukt – zugelassen wurden, lägen keine klinisch bedeutsamen Unterschiede hinsichtlich Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit zum Referenzprodukt vor, so Lux. Für die Überprüfung der hochgradigen Ähnlichkeit sei am Ende des Entwicklungsverfahrens in den klinischen Phase-III-Vergleichsstudien die Wahl eines geeigneten, sensitiven Endpunkts von großer Bedeutung. Besser als Überlebens-bezogene Endpunkte sei die objektive Ansprechrate (ORR) geeignet, sie sei zuverlässig und objektiv durch Bildgebung überprüfbar. So war in der direkten Vergleichsstudie beim fortgeschrittenen Nicht-Plattenepithel-NSCLC von Zirabev und EU-Avastin die ORR primärer Endpunkt [1]. Die randomisierte doppelblinde Studie bei 719 Patienten bestätigte die hohe Ähnlichkeit von Zirabev und Originator hinsichtlich Pharmakokinetik, Wirksamkeit, Sicherheit und Immunogenität. Die Zulassung der EMA erfolgte auf Basis der Gesamtheit der Evidenz – aufgrund des etablierten Verfahrens der Extrapolation auch in weiteren Indikationen, in denen der Originator eine Zulassung hat. Lux zeigte sich überzeugt, dass das Bevacizumab-Biosimilar rasch Einzug in den klinischen Alltag halten wird.
Aspekte im klinischen Alltag
Jörg Riedl, Fachapotheker für Klinische Pharmazie am Onkologischen Zentrum am Campus Lübeck des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, verwies auf die Positionspapiere, Stellungnahmen und Leitfäden zu Biosimilars von ADKA, AkdÄ und EMA. Besonderes Augenmerk lenkte Riedl auf die Patientenkommunikation und -information: „Wenn der Patient nicht von der Therapie überzeugt ist, drohen Nocebo-Effekte und mangelnde Therapie-Adhärenz“. In diesem Zusammenhang hilfreich sei der Kommunikations- und Informationsleitfaden für Pflegekräfte zum Switch-Management der European Specialist Nurses Organisation (ESNO) [2] und die Informationen der Europäischen Kommission zu Biosimilars für Patienten [3].
Hohe Anbruchstabilität
Interessant aus Sicht des Apothekers sei die erweiterte Stabilität von Zirabev. Ungeöffnet ist das Biosimilar im Kühlschrank bei 2–8 °C 36 Monate haltbar – 12 Monate länger als der Originator. Noch wichtiger sei die chemische und physikalische Anbruchstabilität nach Verdünnung. „Zirabev ist das einzige Bevacizumab, das dann bis zu 35 Tage bei 2–8 °C und bis zu 48 Stunden bei bis zu 30 °C in 0,9-%iger Kochsalzlösung haltbar wäre. So ist der Packungsinhalt zu 99,9 % verwendbar.“ Aus patentrechtlichen Gründen ist das Biosimilar zum Zeitpunkt der Verfügbarkeit nicht in allen Indikationen des Referenzproduktes zugelassen (ausführliche Informationen in der aktuellen Zirabev-Fachinformation).
Mascha Pömmerl