Mit Glasdegib nimmt ein neuer Wirkmechanismus Einzug in die Therapielandschaft der AML. Die Substanz adressiert den Hedgehog-Signalweg, der beim Menschen eine wichtige Rolle bei der Blutbildung im Embryonalstadium spielt, in den Stammzellen erwachsener Menschen aber normalerweise nicht mehr aktiv ist, erklärte Prof. Florian Heidel, Jena, bei einer virtuellen Presse-konferenz zu Daurismo®. Im Falle von hämatologischen Malignomen,speziell Leukämien, kann der Signalweg allerdings wieder in einen aktivierten Zustand versetzt werden. Dieses hat Phosphorylierungsprozesse downstream zur Folge, die zu einer Überexpression von Komponenten des Signalwegs führen. Letztendlich wird durch diese Prozesse die unkontrollierte Expansion leukämischer Stammzellen gefördert.
Selektive Hemmung des Signalwegs
Eine Hemmung des aktivierten Signalwegs durch Glasdegib wirkt diesen pathologischen Prozessen entgegen. Glasdegib bindet selektiv an das Transmembranprotein Smoothened (SMO) und hemmt dadurch die Hedgehog-Signalübertragung [1, 4, 5]. Dies kann präklinischen Daten zufolge die leukämischen Stammzellpopulationen reduzieren und auf diese Weise einem Rezidiv vorbeugen bzw. die Remission verlängern [5]. Zudem kann die Sensitivität gegenüber einer Chemotherapie erhöht werden [6].
Behandlungsziel erreichbar
Ein längeres Überleben bei möglichst hoher Lebensqualität zu erreichen – das ist das primäre Therapieziel für AML-Patienten, die wegen ihres Alters (über 75 Jahre) oder aufgrund von Komorbiditäten nicht für eine intensive Chemotherapie infrage kommen [7]. Die aktuellen Daten der BRIGHT-1003-Studie [2] legen nach Ansicht von Heidel nahe, dass mit der neuen Substanz Glasdegib in Kombination mit LDAC ein Erreichen dieses Behandlungsziels möglich ist. In die AML-Population der Studie wurden 116 erwachsene Patienten mit zuvor unbehandelter de novo oder sekundärer AML eingeschlossen, die keine intensive Therapie erhalten konnten [2]. Diese „unfitten“ Patienten erhielten nach 2:1-Randomisierung entweder Glasdegib plus LDAC oder LDAC alleine.
Überleben fast verdoppelt
Unter der Kombination lebten die Patienten signifikant und klinisch relevant länger als unter alleinigem LDAC. Das Gesamtüberleben (OS) war unter dem Einfluss von Glasdegib versus LDAC allein nahezu verdoppelt (median 8,3 vs. 4,3 Monate; HR 0,53; p = 0,002) [2].
Die objektive Ansprechrate (ORR) war bei den Patienten im Glasdegib/LDAC-Arm etwa fünfmal so hoch wie im Vergleichsarm (26,9 % vs. 5,3 %).
Gut verträglich, einfach anwendbar
Ein weiterer Vorteil der Behandlung mit Glasdegib plus LDAC liegt laut Heidel darin, dass sie ambulant durchführbar ist und dadurch das tägliche Leben der Patienten weniger stark einschränkt als eine stationäre Behandlung. Die Möglichkeit der ambulanten Anwendung habe „einen entscheidenden Einfluss auf die Lebensqualität der Patienten".
Zudem sei die Kombinationstherapie vergleichsweise nebenwirkungsarm, das Sicherheitsprofil sei insgesamt gut handhabbar [1]. „Mit dem Hedgehog-Inhibitor können wir noch besser auf die individuelle Situation unfitter Patienten eingehen, für die ein gutes Verträglichkeitsprofil besonders wichtig ist“, betonte der Jenaer Hämatologe.
Für Heidel stellt Glasdegib in Kombination mit LDAC eine neue Behandlungsoption mit „günstigem Nutzen-Risiko-Profil“ für AML-Patienten dar, die für eine intensive Chemotherapie ungeeignet sind.
Claudia Schöllmann