Chronische lymphatische Leukämie (CLL): Gibt es bald immer vielfältigere Therapieentscheidungen?
Die chronische lymphatische Leukämie (CLL) ist biologisch und klinisch eine sehr heterogene Erkrankung. Daraus resultierende unterschiedliche therapeutische Angriffspunkte sind die Grundlage für immer selektiver wirkende Substanzen und neue Kombinationsregime. In den USA wurden bereits Ende letzten Jahres neue Therapieoptionen zugelassen. Folgt die europäische Zulassungsbehörde EMA den FDA-Empfehlungen, wird der Therapiealgorithmus der DGHO deutlich überarbeitet werden müssen, so Prof. Clemens Wendtner, München, anlässlich des Deutschen Krebskongresses (DKK) in Berlin.
Chronische lymphatische Leukämie, CLL, Ibrutinib, BTK-Inhibitor, Bruton-Tyrosin-Kinase-Inhibitor, 17p-Deletion, TP53-Mutation, Kombinationstherapie, Obinutuzumab, Venetoclax, Acalabrutinib
Für die Erstlinienbehandlung der CLL empfiehlt die DGHO-Leitlinie [1] derzeit neben den Chemotherapie-basierten Kombinationsregimes die Monotherapie mit Ibrutinib, einem BTK(Bruton-Tyrosin-Kinase)-Inhibitor der ersten Generation, unabhängig vom Nachweis einer 17p-Deletion bzw. TP53-Mutation, und bei den nicht-mutierten bzw. nicht-deletierten Patienten auch unabhängig vom IGHV-Status (IGHV: variable Segmente der Immunglobulin-Schwerketten-Gene) sowie dem Lebensalter (≤/> 65 Jahre).
Ibrutinib in Kombination mit Obinutuzumab
Zu diskutieren sei, so Wendtner, Ibrutinib zukünftig in Kombination mit dem CD20-Antikörper Obinutuzumab zu empfehlen, nachdem hier eine Zulassungserweiterung erfolgte. Seit Kurzem ist zudem die Kombination Venetoclax/Obinutuzumab mit breitem Label für die Erstlinientherapie der CLL zugelassen. Eine vielversprechende Substanz, die Ende 2019 bereits in den USA für die CLL-Behandlung zugelassen wurde, sei Acalabrutinib.
Acalabrutinib: vielversprechende Therapieoption in der Pipeline
Als BTK-Inhibitor der 2. Generation soll Acalabrutinib noch selektiver wirken als Ibrutinib, so Wendtner. Für Acalabrutinib liegen positive Phase III-Studiendaten zur Zweit- und Erstlinientherapie der CLL vor.
In der dreiarmigen ELEVATE-TN1-Studie verlängerte die Erstlinienbehandlung mit Acalabrutinib sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit Obinutuzumab die progressionsfreie Überlebenszeit (PFS) der Patienten signifikant im Vergleich mit Chlorambucil/Obinutuzumab (HR 0,20 [Monotherapie] bzw. HR 0,10; jeweils p < 0,0001). Der PFS-Vorteil wart unabhängig vom IGHV-Status sowie von dem Nachweis einer 17p-Deletion, TP53-Mutation oder 11q-Deletion. Die Erweiterungen in der Erstlinientherapiewerden auch die Folgetherapien ab der zweiten Linie und damit die Therapiesequenz beeinflussen. Und, die Entwicklung gehe weiter: Die Zukunft sieht Wendtner vor allem in Chemotherapie-freien Kombinationstherapien.
Birgit-Kristin Pohlmann