Bis zu 20% der Patienten mit einer venösen Thromboembolie (VTE) leiden an einer malignen Erkrankung. „Nicht selten wird erst durch das Auftreten einer VTE eine bislang okkulte Tumorerkrankung erkannt“, so Prof. Dr. med. Florian Langer, Hamburg. Er machte ferner darauf aufmerksam, dass eine manifeste VTE die Prognose von Krebspatienten verschlechtert. Und: „Thromboembolische Ereignisse sind eine häufige Todesursache bei onkologischen Patienten.“ Umgekehrt steigern maligne Tumoren das Thromboserisiko um das Vier- bis Siebenfache.
Das VTE-Risiko hängt unter anderem auch von der Tumorentität ab, berichtete Langer bei einem Satellitensymposium im Rahmen der Angiologen-Tagung in Münster. Das tumorspezifische VTE-Risiko steigt insbesondere bei Lokalisationen des Primärtumors im Gastrointestinaltrakt inklusive Pankreas, in der Lunge sowie in Gehirn, Niere, gynäkologischen Organen oder im hämatopoetischen System. „Das höchste VTE-Risiko“, so der Onkologe, „besteht während des initialen Krankenhausaufenthalts und nach der Entwicklung von Metastasen.“
DOAK oder NMH: eine individualisierte Entscheidung
Die aktuelle S2k-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lungenembolie“ empfiehlt bei tumorassoziierten Thromboembolien die Gabe eines NMH für drei bis sechs Monate und stützt sich dabei unter anderem auf die Ergebnisse der CATCH-Studie [1]. Hierin konnte das NMH Tinzaparin (innohep®) gegenüber Warfarin bei Tumorpatienten mit akuter VTE das Rezidivrisiko deutlich senken, allerdings wurde eine statistische Signifikanz knapp verpasst (p = 0,07). Ein signifikanter Unterschied (p = 0,009) zugunsten von Tinzaparin wurde allerdings bei klinisch relevanten Blutungen dokumentiert [2].
Langer nannte ferner einige Entscheidungskriterien in Bezug darauf, ob nun NMH oder direkte orale Antikoagulanzien (DOAKs) bei onkologischen Patienten zu präferieren seien. Im zeitlichen Umfeld einer Operation (zwei Wochen) sind NMH zu bevorzugen. Dies gilt ebenso, wenn der Patient unter Übelkeit oder Erbrechen leidet. Ferner sind NMH bei einer anti-angiogenen Therapie, bei einer komplexen Chemotherapie sowie bei der Gabe von TKIs laut Langer von Vorteil, wohingegen DOAKs bei einer Immuntherapie oder einer endokrinen Therapie besser geeignet seien. Das Risiko für eine Thrombozytopenie ist bei NMH hoch, bei DOAKs niedrig. Bekommt der Patient nicht-steroidale Antirheumatika oder Aggregationshemmer, empfiehlt Langer NMH, ebenso wenn eine antimikrobielle Therapie vonnöten ist.
Reimund Freye
Satellitensymposium „Antikoagulation beim Risikopatienten – wie und wann?“ im Rahmen der 47 Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Angiologie (DGA) am 13.09.2018 in Münster, unterstützt von Leo Pharma GmbH, Neu-Isenburg.