Auch in die Therapie des kleinzelligen Lungenkarzinoms (SCLC) ist in der letzten Zeit Bewegung gekommen. Beim diesjährigen ASCO-Kongress standen vor allem die Immuntherapie mit Pembrolizumab und die zielgerichtete Therapie mit dem Biomarker-spezifischen Antikörper-Toxin-Konjugat Rovalpituzumab-Tesirin (Rova-T) im Fokus.
Den PD-1-Antikörper Pembrolizumab (200 mg i. v. q3w) erhielten in der Phase-II-Studie Keynote-158 vorbehandelte Patienten mit nicht resektablem oder metastasiertem SCLC über bis zu zwei Jahre [1]. Primärer Endpunkt war die Ansprechrate, weil nur vier von zehn SCLC den bei einigen Tumoren prädiktiven Marker PD-L1 aufweisen. In der Gesamtpopulation lag die Ansprechrate bei 18,7%, so Prof. Christian Schumann, Kempten, und Pembrolizumab ist damit mit der Standardtherapie Topotecan vergleichbar. Allerdings war die Rate bei den PD-L1-positiven Patienten beinahe doppelt so hoch (35,7%) und damit deutlich besser als mit Chemotherapie, während sie bei PD-L1-negativem Tumor mit 6,0% vernachlässigbar war. Damit dürfte es sich lohnen, so Schumann, diesen Ansatz vor allem bei PD-L1-positiven Tumoren weiter zu verfolgen.
Das Zelloberflächenprotein DLL3 ist an der Regulation des Notch-Signalwegs beteiligt und wird auf vielen neuroendokrinen Tumoren, darunter auch auf etwa 80% aller SCLC, exprimiert. Die Therapie dieser Tumoren könnte daher durch das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Rova-T bereichert werden: Es bindet mit der Antikörper-Komponente an DLL3, worauf der gesamte Komplex von den Zellen internalisiert und das gebundene Toxin nur in diesen Zellen freigesetzt wird. In die einarmige Phase-II-Studie TRINITY wurden Patienten mit SCLC und mindestens zwei Vorbehandlungen eingeschlossen; eine davon musste platinbasiert sein, d. h. es handelte sich hier um ein stark negativ selektiertes Kollektiv [2]. Die Patienten erhielten Rova-T in einer Dosierung von 0,3 mg/kg und Tag i. v.
Die erreichte Ansprechrate von 18–20% sei zwar „nicht die beste“, so Schumann, aber viele Patienten profitierten durch eine Stabilisierung ihrer Erkrankung. Der Therapieerfolg korrelierte mit der Höhe der DLL3-Expression: Mehr als 70% der Patienten, die Rova-T als Dritt- oder Viertlinientherapie erhalten hatten und DLL3 stark exprimierten (mindestens 75% positive Tumorzellen in der Immunhistochemie) zeigten mindestens eine Krankheitsstabilisierung, wenn nicht sogar eine komplette oder partielle Remission. Die höchste Ansprechrate wurde in der Drittlinie bei hoher DLL3-Expression registriert.
Toxizitäten als Folge der Behandlung mit dem Immunkonjugat waren vor allem Fatigue, Photosensitivität, Pleuraergüsse, periphere Ödeme und Thrombozytopenien, die jeweils bei 20–30% der Patienten auftraten. Schumann zufolge stellt Rovalpituzumab Tesirin einen neuen interessanten Ansatz beim SCLC dar, für den ein großes Potenzial zu erwarten ist. Voraussichtlich wird das Immunkonjugat als Monotherapie oder in Kombination mit anderen Substanzen in Zukunft auch in früheren Therapielinien erprobt.
Josef Gulden
42. Münchener Fachpresse-Workshop der POMME-med GmbH am 19.07.2018 in München; Gemeinsame Sponsoren: AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, Novartis Pharma GmbH, MSD Sharp & Dohme GmbH, Tesaro Bio Germany GmbH