Die bisherige empfohlene Erstlinientherapie für Patienten mit fortgeschrittenem Ösophaguskarzinom besteht in einer Fluoropyrimidin- und Platin-basierten Chemotherapie. Trotz dieser Behandlungsmöglichkeit ist die Prognose von Patienten mit lokal fortgeschrittenem nicht resezierbaren oder metastasierendem Ösophaguskarzinom mit einem medianen Überleben von unter einem Jahr schlecht (1). „Nur 15 % der Europäer mit Ösophaguskarzinom sind Langzeitüberlebende“, erklärte Prof. Sylvie Lorenzen, München. Es bestehe demnach ein dringender Bedarf an neuen Therapieoptionen. Mit der Zulassung der Pembrolizumab(Keytruda®)-basierten Kombinationstherapie könne man Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren des Ösophagus und des HER2-negativen AEG-Karzinoms eine neue Perspektive bieten, sagte Lorenzen.
Wie Prof. Florian Lordick vom Universitären Krebszentrum der Universitätsmedizin Leipzig berichtete, basiert die Zulassung auf den Daten der Phase-III-Studie KEYNOTE-590, die erstmals im Rahmen der virtuellen Jahrestagung der European Society für Medical Oncology (ESMO) 2020 vorgestellt wurden. Darin war Pembrolizumab (200 mg i. v. alle drei Wochen für maximal 35 Zyklen) zusammen mit einer Standard-Chemotherapie (5-Fluorouracil/Cisplatin) 1:1-randomisiert gegenüber einer Chemotherapie plus Placebo im Erstliniensetting bei 749 Patienten mit lokal fortgeschrittenem nicht resezierbaren oder metastasierendem Ösophagus- oder HER2-negativem AEG-Karzinom (Siewert-Typ I) evaluiert worden.
Gut 70 % der Karzinome waren Plattenepithelkarzinome des Ösophagus (ESCC), in über 90 % der Fälle lag eine metastasierte Erkrankung vor und etwa jeder zweite Tumor war PD-L1-exprimierend mit einem Combined Proportion Score (CPS) ≥ 10. Koprimäre Endpunkte waren das Gesamtüberleben (OS) und das progressionsfreie Überleben (PFS), letzteres bewertet nach RECIST v1.1. Relevanter sekundärer Endpunkt die objektive Ansprechrate (ORR).
Senken des Sterberisikos um fast 40 %
Die Kombination Pembrolizumab/Chemotherapie führte im Vergleich zu Placebo/Chemotherapie zu einer klinisch relevanten Verbesserung aller klinischen Wirksamkeitsparameter – OS und PFS ebenso wie ORR.
Wie Lordick berichtete, verringerte Pembrolizumab plus Chemotherapie bei den Patienten mit PD-L1 exprimierenden Tumoren (CPS ≥ 10) im Vergleich zur Chemotherapie allein das Sterberisiko signifikant um 38 % (HR 0,62; 95%-KI 0,49–0,78; p < 0,0001) und senkte das Risiko von Krankheitsprogression oder Tod um 49 % (HR 0,51; 95%-KI 0,41–0,65; p < 0,0001). Auch in der Gesamtpopulation aller randomisierten Patienten zeigten sich unter der Immun-Chemotherapie gegenüber der alleinigen Chemotherapie ein OS- ebenso wie ein PFS-Vorteil. Der Überlebensvorteil ließ sich über alle vordefiniertenPatienten-Subgruppen hinweg nachweisen und erwies sich als unabhängig von der Histologie der Tumoren.
Unter der Pembrolizumab-basierten Therapie wurde zudem ein deutlich besseres Ansprechen erreicht als unter der reinen Chemotherapie (ORR 51,1 % im Pembrolizumab-Arm versus 26,9 % im Chemotherapie-Arm), das darüber hinaus länger anhielt (mediane Ansprechdauer 10,4 Monate vs. 5,6 Monate). Die kombinierte Immun-Chemotherapie erwies sich außerdem als sicher durchführbar. Es traten keine neuen Sicherheitssignale auf.
Für Lordick definiert die KEYNOTE-590-Studie „einen neuen Therapiestandard in der Erstlinientherapie des lokal fortgeschrittenen nicht reszierbaren oder metastasierenden Ösophaguskarzinoms einschließlich des HER2-negativen Adenokarzinoms des gastroösophagealen Übergangs“.
Claudia Schöllmann