Die PV ist eine seltene chronische myeloproliferative Neoplasie. Die Erkrankung erhöht das Risiko von thrombotischen und embolischen Komplikationen und kann auf lange Sicht zu einer Myelofibrose fortschreiten oder zu einer Leukämie transformieren. Pathophysiologisch deuten molekulargenetische Untersuchungen auf eine Reihe erworbener Mutationen in blutbildenden Stammzellen im Knochenmark hin. Die wichtigste davon ist eine Mutation im JAK2-Gen. Die JAK2-Mutationen gelten als Auslöser (Treibermutationen) der unkontrollierten Myeloproliferation. Bei etwa 98 % der Patienten mit dem klinischen Bild einer PV lässt sich eine somatische Mutation im JAK2-Gen nachweisen [2]. Die Dia-gnose der PV wird auf der Basis der aktualisierten WHO-Kriterien aus dem Jahre 2016 gestellt [2]. Zentrale Behandlungsziele sind die Reduktion des Risikos für Thromboembolien, die Kontrolle von klinischen Symptomen sowie die Verbesserung der Lebensqualität und der Aufschub bzw. die Vermeidung der späten Komplikationen [2, 3].
Für die PV stand lange Jahre als zytoreduktive Therapie Hydroxyurea als einzig zugelassene Erstlinien-Therapie zur Verfügung [2]. Als Alternativtherapie in der Erstlinie wurde das – nicht für diese Indikation zugelassene – pegylierte IFNa empfohlen, welches in einer wöchentlichen Applikationsform mit einer eingeschränkten Verträglichkeit einhergehen kann [2]. Mit Ropeginterferon alfa-2b steht nun ein neuartiges langwirksames monopegyliertes IFNa speziell für die Erkrankung PV ohne symptomatische Splenomegalie bei Erwachsenen zur Verfügung [4]. Die pharmakologischen Eigenschaften ermöglichen eine Applikation im Abstand von zwei Wochen mit der Option auf Intervallverlängerung auf vier Wochen in der Langzeittherapie [1]. Das optimierte Behandlungsregime konnte zu einer verbesserten Verträglichkeit und damit einhergehend auch zu einer erhöhten Adhärenz der Patienten beitragen [4]. Die Injektionslösung im Fertigpen zur patientenfreundlichen Selbstverabreichung [5] kann so für erwachsene PV-Patienten eine wertvolle Erweiterung des Behandlungsspektrums darstellen.
Umfangreiches klinisches Entwicklungsprogramm
Die Zulassung zur Monotherapie basiert auf den Daten des klinischen Entwicklungsprogramms, den Studien PROUD-PV, PEN-PV, PEGINVERA und der laufenden CONTINUATION-PV. Ropeginterferon zeigte hier hohe und andauernde hämatologische sowie molekulare Ansprechraten und krankheitsmodifizierendes Potential, gleichzeitig ohne leukämogene oder karzinogene Eigenschaften aufzuweisen [6, 7]. Um die langfristige Wirksamkeit und Sicherheit von BESREMi® zu untersuchen, wurde die randomisierte kontrollierte Phase-III-Zulassungsstudie (PROUD-PV) bei unbehandelten oder mit Hydroxyurea vorbehandelten Patienten in einer offenen Verlängerungsstudie der Phase IIIb (CONTINUATION-PV) weitergeführt.
Vollständiges hämatologisches Ansprechen häufig
Nach 36-monatiger Behandlungsdauer zeigten mehr als 50 % der Patienten unter Behandlung mit BESREMi® ein vollständiges hämatologisches Ansprechen mit einer Verbesserung der Krankheitslast [4]. Insgesamt stehen klinische Studiendaten von mehr als neun Jahren zur Verfügung [8]. Ropeginterferon alfa-2b wurde als neuer Wirkstoff anerkannt und im Februar 2019 in der EU zugelassen [4]. Seit Juli 2019 ist der IFNa im stationären Sektor in Deutschland erhältlich und seit dem 15.9.2019 in der Lauer-Taxe gelistet, sodass BESREMi® nun auch im niedergelassenen Bereich bestellt werden kann [9].
Bettina Baierl
Pressekonferenz zur Produkteinführung von BESREMi® im Rahmen der DGHO-Jahrestagung am 11.10.2019 in Berlin, veranstaltet von AOP Orphan Pharmaceuticals GmbH.