Rund 30 % der Patienten mit AML sind von aktivierenden Mutationen im FLT3-Gen betroffen, meist von internen Tandemduplikationen (ITD) oder Punktmutationen in der FLT3-Tyrosinkinasedomäne (TKD). FLT3-Mutationen gehören damit zu den häufigsten genetischen Alterationen bei AML-Patienten und sind mit einem erhöhten Risiko für frühe Rezidive und mit erhöhter Mortalität assoziiert. Zudem können sich Mutationen in AML-assoziierten Genen über den Krankheitsverlauf verändern, etwa in der Zeit zwischen Erstdiagnose und Auftreten eines Rezidivs.
Testung entscheidend
Nach Ansicht von Prof. Lars Bullinger, Berlin, ist eine genetische Analyse und Charakterisierung der FLT3-Mutation die entscheidende Voraussetzung für eine zielgerichtete Therapie – und zwar nicht nur bei Diagnose, sondern auch im Falle eines Rezidivs. Im Rezidiv sei die allogene Stammzelltransplantation bisher das einzige Verfahren gewesen, das Patienten eine Chance auf eine Langzeitremission eröffnet habe. In diesem Kontext könne Gilteritinib als zielgerichtete Therapie eine wichtige Behandlungsoption darstellen, so Bullinger.
Signifikant längeres Überleben
Die zulassungsrelevante Phase-III-Studie ADMIRAL untersuchte die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Gilteritinib gegenüber einer Salvage-Chemotherapie bei 371 erwachsenen Patienten mit r/r AML und nachgewiesener FLT3-Mutation. Dabei hatte sich unter Gilteritinib ein signifikant längeres Überleben als unter der Chemotherapie gezeigt. So betrug das mediane Gesamtüberleben (OS) für Patienten unter Gilteritinib 9,3 Monate im Vergleich zu 5,6 Monaten unter der Chemotherapie (HR 0,64; 95-%-KI
0,49–0,83; p < 0,001) [1]. Die Überlebenswahrscheinlichkeit nach einem Jahr war unter Gilteritinib mit 37,1 % gegenüber 16,7 % unter der Chemotherapie mehr als verdoppelt. Auch die Ansprechraten waren unter dem Einfluss von Gilteritinib besser, wie Döhner darlegte. So lag die Rate an kompletten Remissionen (CR) oder kompletten Remissionen mit partieller hämatologischer Erholung (CRh) unter Gilteritinib bei 34,0 % gegenüber 15,3 % unter der Salvage-Chemotherapie.
Zudem zeigte der FLT3-Inhibitor in der ADMIRAL-Studie gegenüber der Chemotherapie ein günstigeres Nebenwirkungsprofil, insbesondere im Hinblick auf expositionsadjustierte Nebenwirkungen ab Grad 3 [1]. Gilteritinib sei im Hinblick auf die Verträglichkeit insgesamt eine „sehr unkomplizierte Substanz“, konstatierte Döhner. Man solle lediglich eine mögliche Lebertoxizität im Auge haben, insbesondere dann, wenn der Patient gleichzeitig Antiinfektiva erhalte, die sich nicht selten zusätzlich lebertoxisch auswirken könnten.
Potential noch nicht ausgeschöpft
Döhner und Bullinger waren sich darüber einig, dass mit dem Einsatz als Monotherapie in der Zweitlinie das Potential von Gilteritinib noch nicht annähernd ausgeschöpft sei. „Das kann nicht das Ende der Fahnenstange sein“, betonte Döhner.
Derzeit laufen mehrere Studien, die Gilteritinib auch in der Erstlinie testen – als Monotherapie ebenso wie in Kombination, beispielsweise bei älteren Patienten zusammen mit Azacitidin. Auch ein Einsatz als Erhaltungstherapie, etwa nach allogener Stammzelltransplantation, werde geprüft. In der akademisch initiierten Phase-III-Studie PASHA wird Gilteritinib darüber hinaus in Kombination mit intensiver Chemotherapie gegenüber dem FLT3-Inhibitor Midostaurin, in der Erstlinie getestet. Im Rezidiv gibt es laut Döhner ebenfalls Bestrebungen, das Potential von Gilteritinib zukünftig noch besser auszuschöpfen. So wird etwa für die Rezidivsituation eine Kombination des FLT3-Inhibitors mit Azacitidin und Venetoclax geprüft.
Claudia Schöllmann
Launch-Pressekonferenz „Gilteritinib – Paradigmenwechsel in der Behandlung der akuten myeloischen Leukämie (AML)“ am 10.01.2020 in München, veranstaltet von Astellas Pharma GmbH.
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