Erst kürzlich wurde der PD (programmed cell death)-1-Inhibitor Cemiplimab in den USA für die Behandlung des metastasierten bzw. nicht mehr in kurativer Intention operablen, lokal fortgeschrittenen kutanen Plattenepithelkarzinoms zugelassen. Experten sprechen von einem Paradigmenwechsel in der Behandlung dieser Patienten. Erstmals eröffnet sich für sie die Perspektive auf ein längerfristiges Überleben.
„Wir warten in Europa sehnlichst auf die Zulassung von Cemiplimab“, betonte Prof. Axel Hauschild, Hautklinik des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Kiel, auf einer Veranstaltung anlässlich des 28. Deutschen Hautkrebskongresses in Stuttgart. „Die PD-1-
Inhibition ist die therapeutische Zukunft des fortgeschrittenen kutanen Plattenepithelkarzinoms (cSCC)“, so der Experte weiter. Es bestehe ein hoher "medical need" für Patienten mit lokal fortgeschrittenem und nicht mehr kurativ operablem bzw. metastasiertem cSCC, ergänzte Prof. Dirk Schadendorf, Hauttumorzentrum am Universitätsklinikum Essen. Beide Experten wiesen darauf hin, dass die Inzidenz des cSCC deutlich zunehme – unter anderem deshalb, weil das Alter ein Risikofaktor ist und die Menschen immer älter werden.
Limitierte Therapieoptionen – ungünstige Prognose
Frühzeitig erkannt, stellt das cSCC keine Bedrohung dar, weshalb der Früherkennung große Bedeutung zukommt, aber gerade von älteren Patienten vernachlässigt werde. Therapiestandard ist die Resektion mit tumorfreien Schnitträndern. Letzteres muss histologisch überprüft werden. Problematisch ist die Situation bei nicht mehr kurativ zu operierenden Patienten.
Die Prognose dieser Patienten ist infaust, so Schadendorf, auch weil die Therapieoptionen bis dato sehr limitiert sind. Standard ist die platinbasierte Chemotherapie, die vergleichsweise toxisch ist und gerade von den mehrheitlich älteren Patienten oft nicht vertragen werde. Zudem profitierten die Patienten in der Regel nur kurzzeitig. Die Ansprechraten auf den EGFR-Antikörper Cetuximab – als Alter-native zur platinbasierten Chemotherapie – sind selbst bei EGFR-Überexpression niedrig.
Risikopatienten erkennen
Um das Metastasierungsrisiko von Patienten mit lokal fortgeschrittenem cSCC einzuschätzen, ist der horizontale Tumordurchmesser alleine kein geeignetes Kriterium, betonte Schadendorf. Entscheidend seien histopathologische Faktoren, wie die Tumor-Infiltrationstiefe, der Differenzierungsgrad (Grading), der histologische Subtyp und die perineurale bzw. lymphvaskuläre Invasion. Zudem sei die Lokalisation des Primärtumors ein wichtiger prognostischer Faktor: Bis zu 90% der cSCC treten laut Schadendorf im Kopf-Hals-Bereich auf, wo eine Resektion oft schwierig ist.
Für den klinischen Alltag empfiehlt Schadendorf ein pragmatisches Vorgehen. 95% der cSCC seien „einfach“ zu behandeln und werden primär operiert. Bei 5% der Patienten sei die Behandlung „schwierig“, weil Risikofaktoren vorliegen. Diese Patienten benötigten eine medikamentöse Therapie. Die PD-1-Inhibition sei hier eine vielversprechende neue Option.
PD-1-Inhibition eröffnet neue Perspektive
Mit Cemiplimab bestehe die begründete Hoffnung, die Überlebenszeit der Patienten deutlich zu verlängern, erläuterte Hauschild, der die aktuellen Studiendaten zu Cemiplimab vorstellte. Zunächst hatten die finalen Ergebnisse einer klinischen Phase-I-Studie bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem, inoperablem bzw. bei metastasiertem cSCC die Wirksamkeit von Cemiplimab gezeigt. Die Ergebnisse der nachfolgenden Phase-II-Studie bei metastasierten Patienten wurden bereits im New England Journal of Medicine publiziert, so Hauschild.
Cemiplimab zeigte hier trotz der ungünstigen Prognose der Patienten ein schnelles (median 1,9 Monate) und anhaltendes Therapieansprechen. Fast die Hälfte der bereits metastasierten Patienten (28/59) erreichte eine objektive Tumorrückbildung (ORR 47,5%), darunter waren vier Patienten mit einer kompletten Remission (CR). Einschließlich der Patienten mit anhaltender Tumorstabilisierung über mindestens 16 Wochen betrug die Krankheitskontrollrate 61%. Die bereits systemisch vorbehandelten Patienten erreichten laut Hauschild ähnlich gute Ergebnisse wie die Gesamtpopulation. Die mediane Ansprechdauer war nach median 7,9 Monaten Follow-up noch nicht erreicht.
Hauschild bescheinigte Cemiplimab ein gutes Nutzen-Risiko-Profil. Häufigste Nebenwirkungen waren Fatigue und Diarrhö. Laut Hauschild ist die PD-1-Inhibition unabhängig vom Lebensalter, also auch für die vielen älteren Patienten, ein wichtiger Therapiefortschritt.
Birgit-Kristin Pohlmann
Satellitensymposium „Highlights der Immuntherapie – PD-1-Inhibition beim kutanen Plattenepithel-karzinom“ im Rahmen des ADO-Kongresses 2018 am 13.09.2018 in Stuttgart, unterstützt von Sanofi Genzyme, Berlin.