Die GvHD ist eine schwere immunologische Reaktion, die trotz immunsuppressiver Prophylaxe bei jeder/jedem zweiten Empfänger:in nach alloSCT auftritt. Bei der aGvHD, die sich binnen 100 Tagen nach der Transplantation entwickelt, stehen proinflammatorische Prozesse im Vordergrund – bei der meist nach zwei bis 18 Monaten auftretenden cGvHD dagegen Autoimmunpathologie und fibrotische Veränderungen. Beide Erkrankungsformen sind lebensbedrohlich. Etwa 20 % der Todesfälle nach alloSCT seien auf eine GvHD zurückzuführen, erklärte Dr. José Antonio Pérez Simón, Sevilla, Spanien. Sowohl aGvHD als auch cGvHD schränkten zudem die Lebensqualität Betroffener deutlich ein, ergänzte er.
Die Standarderstlinientherapie bei der GvHD besteht in der Applikation von systemischen Kortikosteroiden. Allerdings würden rund 50 % der Patient:innen steroidrefraktär oder blieben steroidabhängig (SR/D) – eine Situation, die die Mortalitätsrate der Erkrankten verdoppele und ihre Lebensqualität weiter einschränke, so Pérez Simón. In diesem Fall benötigten die Betroffenen eine zusätzliche Behandlung.
Einer SR/D aGvHD früh entgegenwirken
Patient:innen mit SR/D aGvHD könnten frühzeitig – im Idealfall schon drei Tage nach Beginn der Erstlinientherapie – identifiziert werden und sollten dann zügig einer Zweitlinientherapie zugeführt werden, erklärte Pérez Simón. Die Zulassung des JAK-Inhibitors Ruxolitinib (Jakavi®) auf Basis der Phase-III-Studie REACH2 habe die Therapielandschaft dramatisch verändert. Ruxolitinib sei die erste Substanz, die in einer randomisierten Phase-III-Studie eine Überlegenheit gegenüber BAT bei der SR/D aGvHD gezeigt habe, so der spanische Hämatoonkologe. Der primäre Endpunkt, die Gesamtansprechrate (ORR), war unter Ruxolitinib versus BAT in klinisch relevantem Ausmaß verbessert (68,3 vs. 39,4 %; Odds Ratio [OR] 2,64; p < 0,001) [1]. Eine frühe und geeignete Zweitlinientherapie mit Ruxolitinib könne zu besseren Therapieergebnissen führen, einschließlich einer höheren Lebensqualität, einem längeren Überleben ohne Therapieversagen und der Einsparung von Steroiden, so Pérez Simóns Fazit.
Steroidrefraktäre cGvHD erkennen und konsequent handeln
Auch bei der cGvHD, die 30–70 % der Transplantierten betreffe, sei das inadäquate Ansprechen auf Steroide ein großes Problem, betonte Prof. Nada Hamad, Sydney, Australien. Eine Refraktärität gegenüber Steroiden zeige sich in drei Szenarien:
- einer Krankheitsprogression trotz Prednison-Behandlung (1 mg/kg/Tag) über zwei Wochen,
- einer stabilen Erkrankung nach vier bis sechs Wochen Prednison-Therapie (≥ 0,5 mg/kg/Tag) oder
- in zwei gescheiterten Versuchen, die Prednison-Dosis auf < 0,25 mg/kg/Tag zu reduzieren.
In all diesen Fällen sollte zügig eine Zweitlinientherapie eingeleitet werden, denn die cGvHD müsse „hard and early“ (früh und hart) angegangen werden, so die australische Transplantationsmedizinerin.
Dies gelinge – ebenso wie bei der SR/D aGvHD – am besten mit Ruxolitinib, das seit seiner Zulassung den Therapiestandard in diesem Setting darstelle. In der REACH3-Studie hatte Ruxolitinib eine signifikante und klinisch relevante Überlegenheit gegenüber BAT im Hinblick auf den primären Endpunkt ORR in Woche 24 gezeigt (43,5 vs. 22,6 %; OR 2,99; p < 0,0001) [2]. Ruxolitinib werde gut vertragen und erlaube es, die Steroiddosis bei mehr als 50 % der Erkrankten zu reduzieren, resümierte Hamad.
Aktuell werden in den Phase-II-Studien REACH4 und REACH5 die Wirksamkeit und die Sicherheit von Ruxolitinib bei pädiatrischen Patient:innen mit bisher unbehandelter oder steroidrefraktärer aGvHD bzw. cGvHD evaluiert.
Dr. Claudia Schöllmann