Zwei Drittel aller NSCLC werden im lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Stadium diagnostiziert. Anders als bei frühen, lokal begrenzten, operablen Stadien mit hohen Heilungschancen nimmt die 5-Jahres-Überlebensrate ab Stadium III signifikant ab. Standardtherapie für lokal fortgeschrittene Stadien ist die definitive Radiochemotherapie mit nachfolgender Konsolidierung mit dem PD-L1-Inhibitor Durvalumab (bei PD-L1-Expression > 1 %). So konnte die Einführung der Immuntherapie das Langzeitüberleben vieler Betroffener verbessern. Darüber hinaus stehen für Patient:innen im Stadium IV mit Vorliegen molekularer Treiberaberrationen wie ALK, EGFR oder ROS-1 zielgerichtete Therapien zur Verfügung. Der Entwicklungsbedarf neuer Ansätze sei aber nach wie vor hoch, weil etwa 20–25 % der Patient:innen im fortgeschrittenen Stadium aufgrund von Komorbiditäten, vorausgegangener Radiotherapie oder Tumorgröße keiner Bestrahlung zugeführt werden könnten, so Dr. Sylvia Gütz, Leipzig.
Basierend auf der EMPOWER-Lung-1-Studie ist seit 2021 der PD-L1-Inhibitor Cemiplimab (Libtayo®) in der EU als Monotherapie zugelassen zur Erstlinientherapie bei fortgeschrittenem NSCLC mit PD-L1-Expression ≥ 50 % und keinen EGFR-, ALK- oder ROS1-Treiberaberrationen. Die Zulassung betrifft zum einen Patient:innen im Stadium IIIB/C, die für eine Radiochemotherapie nicht geeignet sind, zum anderen das metastasierte NSCLC (Stadium IV).
Die Zulassungserweiterung von Cemiplimab zur Kombination mit platinhaltiger Chemotherapie erfolgte Anfang 2023 auf Basis der Phase-III-Studie EMPOWER Lung 3 und bietet neue Therapiechancen für vielfältige NSCLC-Entitäten, unabhängig von der PD-L1-Expression und Histologie.
In der Zulassungsstudie hatten sich unter Cemiplimab plus Platindublette-Chemotherapie im Vergleich zu Placebo plus Chemotherapie weitere signifikante Verbesserungen des medianen Gesamtüberlebens (OS) ergeben (21,9 vs. 13,0 Monate; Hazard Ratio [HR] 0,71). Das heterogene Studienkollektiv umfasste: lokal fortgeschrittenes und metastasiertes NSCLC, Plattenepithel- und Nicht-Plattenepithel-NSCLC, verschiedengradige PD-L1-Expression; einheitlich liegen keine EGFR-, ALK- oder ROS1-Treiberaberrationen vor.
Kombinationsmöglichkeiten würden die Behandlungsoptionen beim NSCLC ergänzen, um dem Ziel der individualisierten Therapie ein Stück näher zu kommen, so Gütz. Die vielversprechenden Ergebnisse trotz des variablen Studienkollektivs lassen laut Gütz auf gute Anwendungsmöglichkeiten im therapeutischen Alltag hoffen. Aufgrund der Komplexität der Behandlungsmöglichkeiten sollten Therapieentscheidungen unbedingt im interdisziplinären Tumorboard erfolgen, betonte PD Dr. Florian Fuchs, Erlangen.
Dr. habil. Eva Gottfried