Nach der Therapie eines ersten Ovarialkarzinom-Rezidivs treten bei 80% der Patientinnen weitere Rezidive auf, und die Abstände dazwischen werden immer kürzer. Mit dem PARP-Inhibitor Niraparib lassen sie sich verlängern – unabhängig davon, ob eine BRCA-Mutation vorliegt.
Bei 21% der Patientinnen mit Ovarialkarzinom lässt sich eine BRCA-Mutation nachweisen. Insgesamt haben 27,9% der Patientinnen eine deletäre Keimbahnmutation [1]. In die Zulassungsstudie NOVA für den PARP-Inhibitor Niraparib (Zejula®) wurden Ovarialkarzinom-Patientinnen mit und ohne BRCA-Mutation eingeschlossen [2]. Sie erhielten im Anschluss an ein Rezidiv, welches auf eine platinhaltige Therapie angesprochen hatte, eine Erhaltungstherapie mit 300 mg Niraparib täglich oder Placebo.
Besonders deutlich verlängerte Niraparib in der BRCA-positiven Subgruppe das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) von 5,5 auf 21 Monate (Hazard Ratio 0,27; p < 0,001). Doch auch in der Subgruppe ohne BRCA-Mutation fiel der Unterschied deutlich aus – mit einem medianen PFS von 9,3 versus 3,9 Monaten (HR 0,45; p < 0,001). Der PFS-Vorteil von Niraparib stellte sich auch in allen anderen Subgruppen ein.
„Die Ergebnisse waren so gut, dass sie auch für die Zulassung anderer PARP-Inhibitoren gereicht haben“, merkte Prof. Sven Mahner, Universitätsfrauenklinik München, scherzhaft an. Nach zwei Jahren befand sich noch etwa jede dritte der Frauen mit und die Hälfte derer ohne BRCA-Mutation unter der Erhaltungstherapie. Der Unterschied in der PFS-Wahrscheinlichkeit gegenüber Placebo blieb erhalten.
Dosisreduktion mindert nicht die Wirkung
Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Niraparib zählte eine Thrombozytopenie. Für diesen Fall sah das Studienprotokoll vor, die Therapie für maximal 28 Tage auszusetzen und die Dosis nach Erholung der Thrombozytenzahl von 300 mg auf 200 mg bzw. nach einer zweiten Unterbrechung aus dem gleichen Grund von 200 mg auf 100 mg zu reduzieren. In einer retrospektiven Analyse wirkten sich die Dosisreduktionen nicht signifikant auf das PFS aus [3]. Diese Information sollte man, wenn die Dosis reduziert werden muss, auch unbedingt an die Patientinnen weitergeben.
Im klinischen Alltag werfen die Ergebnisse dieser Studie neue Fragen auf; Antworten darauf werden mit zusätzlichen Analysen gesucht, erklärte PD Dr. Fabian Trillsch, München. Eine dieser Fragen ist die nach der Wirksamkeit bei älteren Patientinnen, die früher häufig aus klinischen Studien ausgeschlossen wurden. Eine altersadjustierte Auswertung ergab, dass die Verbesserung des PFS altersunabhängig ist (HR 0,47 bei < 70 Jahre, HR 0,36 bei ≥ 70 Jahre; [4]). Weiterhin erwies sich die Wirksamkeit von Niraparib als unabhängig von der Stärke des Ansprechens auf die vorherige platinhaltige Chemotherapie [5].
Eine kleine Substudie brachte das für Patientinnen nicht unerhebliche Resultat, dass Niraparib eine nahrungsunabhängige Pharmakokinetik aufweist [6]. Es besteht auch keine Notwendigkeit, die Dosis von Niraparib bei älteren Patientinnen oder solchen mit leichter bis moderater Einschränkung der Nierenfunktion oder leichter Einschränkung der Leberfunktion anzupassen, wie Mahner betonte.
Was wünschen sich die Betroffenen?
Wenn eine Krankheit unheilbar wird, rückt die Lebensqualität in den Mittelpunkt, wie Prof. Jalid Sehouli, Charité Berlin, hervorhob. Man darf bei allen Überlegungen zu einer geeigneten Therapie nicht vergessen, die Patientinnen zu fragen, was ihnen eigentlich wichtig ist. Die Umfrage „Expression IV/ENGOT-ov22“ hat genau dies getan, und zwar bei 2.101 Patientinnen mit Ovarialkarzinom in unterschiedlichen Stadien aus verschiedenen europäischen Ländern [7]. Fast alle hatten eine Operation hinter sich und Erfahrungen mit Chemotherapie, bei zwei Dritteln lief auch aktuell eine Therapie.
Grundsätzlich waren die Patientinnen mit ihrem derzeitigen Zustand überwiegend zufrieden: 55% beurteilten ihn als gut oder sehr gut. Als häufigstes Argument für eine Erhaltungstherapie nannten etwa drei Viertel der Frauen, dass sie ihre Chancen auf Heilung verbessern wollen. Die meisten Frauen zeigten sich auch bereit, eine langdauernde Therapie bis zur Progression oder sogar eine lebenslange Therapie anzunehmen.
Als bevorzugte Einnahme-Schemata standen die einmal tägliche orale Tablette und die Infusion alle drei Wochen etwa gleichauf an der Spitze: Jeweils etwas mehr als 30% der Frauen sprachen sich dafür aus. Insgesamt zeigt die Befragung, dass Niraparib die Wünsche der Patientinnen gut erfüllen kann, schloss Sehouli.
Angelika Bischoff
Workshop „Neue Daten zum Ovarialkarzinom“ am 20.11.2018 in München, veranstaltet von Tesaro Bio Germany, München.