Zur Behandlung des fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) mit nicht-plattenepithelialer Histologie wurde jetzt die Vierfachkombination aus Atezolizumab, Bevacizumab und einer platinhaltigen Chemotherapie für therapienaive Patienten zugelassen. In der Phase-III-Studie IMpower150 hatte die Gabe des PD-L1-Inhibitors zusätzlich zur Standardtherapie die Prognose signifikant verbessert.
In der offenen, randomisierten Zulassungsstudie [1, 2] sollte vor allem die Frage geklärt werden, ob Atezolizumab zusätzlich zu einer Kombination aus einem Inhibitor des VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor) und einer Chemotherapie in der Erstlinientherapie einen Nutzen bringt. Dazu erhielten 1.202 Chemotherapie-naive Patienten mit einem NSCLC im Stadium IV oder mit rezidiviertem metastasiertem Nicht-Plattenepithelkarzinom Bevacizumab (Avastin®), Carboplatin und Paclitaxel mit oder ohne Hinzunahme des PD-L1-Inhibitors Atezolizumab (Tecentriq®). Nach Abschluss der Chemotherapie folgte eine Erhaltungsphase mit Atezolizumab, Bevacizumab oder mit beiden Antikörpern.
Im Ergebnis konnte das mediane Gesamtüberleben (mOS) durch die Hinzunahme von Atezolizumab gegenüber der Standardtherapie signifikant von 14,7 auf 19,2 Monate verlängert werden. Auch das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) fiel unter der Vierfachkombination signifikant länger aus (8,3 vs. 6,8 Monate). Zudem sprach über die Hälfte der Patienten im Gesamtkollektiv auf die Kombination mit Atezolizumab an (56% vs. 41% unter Bevacizumab plus Chemotherapie). Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 19,7 Monate.
Unter der Vierfachkombination waren mehr als dreimal so viele Patienten nach 18 Monaten progressionsfrei wie unter der Dreifachkombination (27% vs. 8%), sagte Prof. Thomas Wehler, Hamm. Der Therapievorteil mit Atezolizumab erwies sich als unabhängig von der PD-L1-Expression (PD-L1: Programmed Death Ligand 1) und einer sensibilisierenden EGFR-Mutation oder einer ALK-Translokation (ALK: anaplastische Lymphomkinase).
Wie Prof. Martin Reck, Großhansdorf, betonte, zeigte sich erstmals ein Überlebensvorteil unter einer Immun-Kombinationstherapie bei NSCLC-Patienten mit Lebermetastasen. Diese haben eine besonders schlechte Prognose. In der Studie wurde bei dieser Subgruppe unter der Atezolizumab-Kombination ein medianer OS-Vorteil von 13,2 gegenüber 9,1 Monaten ohne den PD-L1-Inhibitor beobachtet. Dies entsprach einer Verringerung des Sterberisikos um 46%.
Auch Patienten mit EGFR-Mutation (EGFR: Epidermal Growth Factor Receptor) profitierten nach Versagen einer Behandlung mit Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) von der Vierfachkombination: Der Medianwert des OS war nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von mindestens 20 Monaten noch nicht erreicht, in der Vergleichsgruppe lag er bei 18,7 Monaten.
Die große Patientenzahl in der Studie sowie die Einschlusskriterien machten es möglich, die Wirksamkeit der Kombinationsbehandlung bei klinisch relevanten Subgruppen wie bei Patienten mit EGFR-Mutationen, ALK-Translokationen oder mit niedriger PD-L1-Expression zu prüfen, betonen die Studienautoren. Der Vorteil beim PFS durch die Hinzunahme von Atezolizumab trat verzögert ein und wuchs zunehmend an. Nach zwölf Monaten war dieser Vorteil gegenüber der Standardtherapie verdoppelt (36,5% vs. 18%).
Der humanisierte monoklonale Antikörper Atezolizumab ist ein Checkpoint-Inhibitor, der sich gezielt gegen das auf Tumorzellen exprimierte Protein PD-L1 richtet. Wenn dieses Protein mit den beiden auf den T-Zellen befindlichen Rezeptoren B7.1 oder PD-1 interagiert, werden die T-Zellen bzw. die körpereigenen Immunreaktionen gegen den Tumor deaktiviert. Durch seine Bindung an PD-L1 hemmt Atezolizumab diese Interaktion mit den beiden Rezeptoren und hebt damit die Hemmung der T-Zell-Aktivität auf.
Wie die Autoren von IMpower150 [1] ausführen, kann die Wirkung von Atezolizumab durch die zusätzliche Therapie mit Bevacizumab verstärkt werden. Denn neben den antiangiogenen Effekten hat die VEGF-Hemmung durch Bevacizumab auch immunmodulatorische Effekte. Atezolizumab ist seit 2017 bereits als Monotherapie für vorbehandelte Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC zugelassen.
Ralph Hausmann
Pressekonferenz „Gemeinsam wirksam: Kombinationstherapie Tecentriq plus Avastin in der First-Line-Behandlung des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms“ am 22.02.2019 in Frankfurt/Main, veranstaltet von Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen.