Das Behandlungsspektrum beim Magenkarzinom war lange Zeit sehr limitiert. Erst nach 2010 wurden Zweitlinientherapien etabliert, wobei Ramucirumab das einzige zugelassene Biological in dieser Situation ist. Der Antikörper kann als Monotherapie oder kombiniert mit Paclitaxel eingesetzt werden und wurde jetzt auch in Kombination mit einem PD-1-Inhibitor geprüft.
Das Magenkarzinom ist in Deutschland bei Männern der siebt-, bei Frauen der neunthäufigste Tumor. „Magenkrebs liegt also hierzulande im Mittelfeld der häufigsten Tumorerkrankungen. Mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von nur etwa 32% ist die Prognose der Betroffenen jedoch katastrophal“, konstatierte Prof. Dr. Stefan Kasper, Essen. Ursächlich ist die Tatsache, dass zwischen 40% und 80% der Patienten bei Diagnosestellung bereits Fernmetastasen haben.
In der metastasierten Situation ist die palliative Chemotherapie mit Platin-Doubletten oder Triple-Kombinationen weiterhin Standard. Doch auch damit ist das Gesamtüberleben (OS) mit median nur etwa zehn Monaten moderat. Die ab 2010 geprüften Second-Line-Therapien mit Irinotecan oder Taxanen ermöglichten eine weitere Verbesserung um 1,5 Monate auf vier bis fünf Monate im Vergleich zur alleinigen Supportivtherapie (BSC; Best Supportive Care). Kasper betonte jedoch, dass nur etwa jeder zweite Patient nach Progress unter der First-line-Therapie noch fit genug ist, um eine Zweitlinientherapie erhalten zu können.
Mit Ramucirumab (Cyramza®) wurde 2015 das erste und bislang einzige zielgerichtete Medikament für die Zweitlinientherapie des Magenkarzinoms zugelassen. Der gegen den VEGF-Rezeptor 2
(VEGFR2) gerichtete Antikörper kann bei vorbehandelten Patienten als Monotherapie und in Kombination mit Paclitaxel eingesetzt werden. Das Kombinationsregime bewährte sich in der Phase-III-Studie RAINBOW bei 665 Patienten mit inoperablen, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Adenokarzinomen von Magen oder gastroösophagealem Übergang (GEJ) und Progress nach Erstlinientherapie: Im Vergleich zum Kontrollarm mit einer Paclitaxel-Monotherapie führte das Zweierregime zu einer signifikanten Verlängerung des OS um 2,2 Monate (9,6 vs. 7,4 Monate; Hazard Ratio 0,807; p = 0,017). Kasper setzt die Ramucirumab-Kombination im klinischen Alltag bei der Mehrzahl seiner Magenkarzinom-Patienten ein und bewertete das Regime als „gut durchführbar“. Auch das progressionsfreie Überleben (PFS) war bei zusätzlicher Antikörper-Gabe signifikant verlängert (4,4 vs. 2,9 Monate; HR 0,635; p < 0,0001).
Weniger fitte Patienten, die eine Chemotherapie nicht vertragen, profitieren von der Ramucirumab-Monotherapie: In der REGARD-Studie, die Ramucirumab mit einer alleinigen BSC verglich, wurde das OS von 3,8 Monaten im Kontrollarm auf 5,2 Monate unter Ramucirumab verbessert (HR 0,776; p = 0,0473). Vor dem Hintergrund dieser positiven Daten wird Ramucirumab in Monotherapie und kombiniert mit Paclitaxel in zahlreichen Leitlinien (Onkopedia, ESMO, NCCN) hochrangig empfohlen.
Neue Kombination in klinischer Prüfung
Auf dem ASCO-GI-Kongress wurde Anfang 2019 die Phase-I/II-Studie NivoRam vorgestellt, in der Ramucirumab in Kombination mit dem PD-1-Blocker Nivolumab erfolgreich geprüft wurde. Von diesem Regime erhofft man sich synergistische anti-tumorale Effekte, da die
VEGFR2-Blockade durch Ramucirumab die Einwanderung von T-Zellen in den Tumor fördert und die Migration tumorassoziierter Makrophagen inhibiert, erläuterte Prof. Hiroki Hara, Saitama/Japan. Die Studie umfasste 46 Patienten mit fortgeschrittenen Adenokarzinomen von Magen oder GEJ, die nach platinhaltiger Erstlinientherapie progredient waren. Im Gesamtkollektiv führte Nivolumab/Ramucirumab zu einem PFS von median 2,89 Monaten und einer 6-Monats-Rate des PFS von 37%, sodass das angestrebte Studienziel, eine 6-Monats-Rate von 36%, erfüllt war. Das PFS von rund drei Monaten entspricht dem in der RAINBOW-Studie, betonte Hara. Die mit Nivolumab/Ramucirumab behandelten Patienten überlebten jedoch median 17,05 Monate – und damit deutlich länger als Teilnehmer der RAINBOW-Studie.
Beim PFS schnitten Patienten mit einer PD-L1-Expression von ≥ 1% mit median 4,4 Monaten und einer 12-Monats-Rate von 15% besser ab als PD-L1-negative Patienten (2,3 Monate bzw. 6,6%). Beim OS zeigte sich dieser Zusammenhang dagegen nicht. Eine weitere japanische Phase-I/II-Studie prüft jetzt bereits das Triple-Regime mit Paclitaxel, Ramucirumab und Nivolumab beim metastasierten Magenkarzinom.
Katharina Arnheim
Press Talk „Das Kolon- und Magenkarzinom: Perspektiven in der Zukunft“, veranstaltet von Lilly Oncology, Bad Homburg und Poster Session A im Rahmen des ASCO-GI-Kongresses 2019 am 17.01.2019 in San Francisco, USA.