Sekundäre Immundefekte, die medikamentös induziert sind, kommen im onkologischen Praxisalltag nicht selten vor, da zahlreiche Therapien zum Teil zielgerichtet in das Immunsystem eingreifen. Prof. Hartmut Link, Kaiserslautern, zeigte anhand der Daten der retrospektiven QS-SID-Studie auf, dass bei Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) folgende Faktoren ein signifikant höheres Risiko bergen, schwerere Infektionen zu erleiden: ein Charlson-Komorbiditätsindex ≥ 4, eine Therapie mit einem Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitor, die Verabreichung einer Chemotherapie und allgemein Therapien ab der dritten Therapielinie. Erhalten die Patienten dagegen eine Ig-Substitutionstherapie, wird das Risiko für schwere Infektionen signifikant gesenkt, erklärte Link. Wird die Ig-Substitution leitliniengerecht durchgeführt, treten insgesamt signifikant weniger Infektionen auf.
Bessere Lebensqualität durch Ig-Substitution
Wie Prof. Rudolf Weide, Koblenz, anhand der Ergebnisse der InVO-Studie LQ-IGG belegte, beeinträchtigen die Infektionen auch die Lebensqualität: Onkologische Patienten mit einem symptomatischen IgG-Mangel hatten vor der ersten IgG-Verabreichung einen mittleren IgG-Wert von 500 mg/dl. Im Verlauf der Ig-Ersatztherapie stieg dieser Wert kontinuierlich auf über 700 mg/dl und erreichte das untere Ende des Normalbereichs. Sowohl die Anzahl der Infektionen insgesamt als auch die Anzahl der Infektionen, die den Einsatz von Antibiotika erforderten, nahmen mit zunehmender IgG-Konzentration kontinuierlich ab. Die wahrgenommene Gesundheit und Lebensqualität der Patienten verbesserten sich dabei entsprechend.
Subkutane Applikation
Eine besonders gut handhabbare Form der Ig-Substitution ist die subkutane Gabe, erklärte Dr. Norbert Zessack, Berlin. Bei HyQvia®, das aus zwei subkutan zu infundierenden Lösungen besteht (aus normalem Immunglobulin vom Menschen 10 % sowie dem rekombinant hergestellten Enzym Hyaluronidase), wird zunächst die Hyaluronidase appliziert. Dadurch erhöht sich vorübergehend und reversibel die Permeabilität des subkutanen Gewebes und verbessert so die Verfügbarkeit der später applizierten Immunglobuline. Durch die Zulassungserweiterung zur Therapie von SID steht das Immunglobulinpräparat jetzt einem breiteren Patientenspektrum zur Verfügung.
Sabine M. Rüdesheim
Online-Pressekonferenz „Therapie-bedingter Antikörpermangel im Praxisalltag: Aktuelle Entwicklungen…“ am 20.01.2021, veranstaltet von Takeda GmbH.