Ein Großteil der Patenten mit nicht-plattenepithelialem NSCLC hat keine therapierbare Mutation, erklärte Grohé. Diese Patienten werden häufig mit einem Immuncheckpoint-Inhibitor (ICI) behandelt, entweder alleine oder in Kombination mit einer Chemotherapie. Die Frage nach der optimalen Folgetherapie nach ICI-Versagen sei allerdings derzeit nicht abschließend geklärt. In der pro-spektiven nicht-interventionellen Studie (NIS) VARGADO, die Daten zur Wirksamkeit und Verträglichkeit des Angiokinase-Inhibitors Nintedanib (Vargatef®) in Kombination mit Docetaxel in der klinischen Routine erfasst, wird genau diese Problemstellung adressiert. In der Studie wird die Kombination als Folgetherapie nach verschiedenen Vortherapien evaluiert, unter anderem nach Erstlinienchemotherapie und ICI in der Zweitlinie. Wie Grohé berichtete, zeigt eine aktuelle, beim ESMO-Jahreskongress 2020 präsentierte Interimsanalyse der Daten von 62 Patienten eine gute Wirksamkeit von Nintedanib/Docetaxel in diesem Setting. Das mediane Gesamtüberleben (OS) ab Start der Kombinationstherapie betrug 12,2 Monate, das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) 6,5 Monate. Zudem wurden eine gute objektive Ansprechrate (ORR) von 50 % sowie eine Krankheitskontrollrate (DCR) von 83 % erreicht [1]. Laut Grohé erklärt die gute Wirksamkeit dadurch, dass die antiangiogene Kombinationstherapie in der immunsuppressiven Tumorumgebung mit ihrer abnormen Gefäßstruktur nach ICI-Versagen einen „angio-immunogenen Switch“ bewirkt. Nach seiner Ansicht unterstützen die aktuellen Real-Life-Daten den Einsatz von Nintedanib plus Docetaxel in der Therapiesequenz nach Versagen einer ICI-Therapie.
Afatinib bei seltenen EGFR-Mutationen
Auch wenn es um die Behandlung von Patientenpopulationen geht, die in klinischen Studien kaum Berücksichtigung finden, können Real-Life-Daten Erkenntnislücken schließen. Dies betrifft beispielsweise Patienten mit seltenen EGFR-Mutationen, die einen Anteil von 10–20 % an allen EGFR-Mutationen haben. Laut Grohé sprechen Mutationen der Gruppe 1 (> 50 % der seltenen EGFR-Mutationen) inklusive „Compound“-Mutationen auf den Zweitgenerations-Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) Afatinib (Giotrif®) an. In einer Post-hoc-Analyse der Studien LUX-Lung 2, 3 und 6 konnte für Patienten mit diesen seltenen Mutationen unter Afatinib ein medianes OS von 19,4 Monaten, ein medianes PFS von 10,7 Monaten und eine ORR von 71 % erreicht werden [2]. Gestützt werden diese Ergebnisse durch eine umfangreiche Analyse publizierter Behandlungsdaten von knapp 700 NSCLC-Patienten mit seltenen EGFR-Mutationen aus über 40 Ländern, in der für die Gruppe 1 Mutationen G719X, L861Q und S768I eine ORR von 60 % und eine mediane Zeit bis zum Therapieversagen von 10,8 Monaten beobachtet wurden [3]. Eine beim ESMO präsentierte Analyse von 298 TKI-naiven Patienten der genannten Untersuchung konnte zudem erstmals eine Wirksamkeit unabhängig von der Ethnie der Patienten nachweisen [4]. Die Online-Datenbank www.uncommonEGFRmutations.com erlaubt laut Grohé eine gezielte Suche nach Effektivitätsdaten zu Afatinib bei seltenen EGFR-Mutationen.
Claudia Schöllmann