Das Behandlungsziel bei der CLL besteht darin, mit Chemotherapie-freien und zeitlich limitierten Therapien die Krankheit langfristig zu kontrollieren. Da die auf der CLL14-Studie basierende Kombination aus Obinutuzumab und Venetoclax zwar generell für die Primärtherapie der CLL zugelassen ist, aber nur bei unfitten Patient:innen geprüft wurde, wurde die CLL13-Studie für fitte Patient:innen ohne TP53-Mutationen aufgelegt. Die vierarmige Phase-III-Studie prüfte drei verschiedene auf ein Jahr begrenzte Anti-CD20-basierte und Venetoclax-haltige Kombinationsregime in der ersten Therapielinie: Rituximab/Venetoclax (RVe), Obinutuzumab/Venetoclax (GVe) oder Obinutuzumab, Ibrutinib und Venetoclax (GIVe) im Vergleich mit der klassischen FCR-Chemoimmuntherapie (bei über 65-Jährigen: Bendamustin/Rituximab) [1].
Deutlich tiefere Remissionen
Wie Prof. Clemens Wendtner, München, berichtete, war nach median 28 Monaten beim ersten ko-primären Studienendpunkt – der Rate an MRD-Negativität nach 15 Monaten (< 10-4) – der Unterschied zwischen GVe und FCR signifikant (MRD-Negativitätsrate 86,5 % versus 52,0 %; p < 0,0001); auch GIVe war mit 92,2 % überlegen (p < 0,0001), während RVe mit 57,0 % das Signifikanzniveau verfehlte [1]. „Mittels Next Generation Sequencing (NGS) konnte die Überlegenheit von GIVe und GVe vs. CIT auch auf einem hochsensitiven Niveau gezeigt werden. Allerdings kam es unter der Ibrutinib-haltigen Kombination vermehrt zu Grad-III- und -IV-Toxizitäten; so wurden insbesondere mehr Infektionen beobachtet“, resümierte Wendtner.
In der Phase-III-Studie GLOW hatte die Kombination Venetoclax/Ibrutinib (VenI) – auf ein Jahr begrenzt – das Risiko für Progression oder Tod versus einer Chemoimmuntherapie aus Chlorambucil Obinutuzumab (ClbO) um fast 80 % reduziert (HR 0,216; p < 0,0001). Beim ASH 2021 wurde die Rolle der MRD als Prognosefaktor für das progressionsfreie Überleben (PFS) evaluiert. Unter VenI erreichten drei Monate nach Ende der Behandlung mit 40,6 % über fünfmal mehr Patient:innen als im Kontrollarm (7,6 %) einen MRD-negativen Status (< 10-5); bei unmutiertem IGHV war der Unterschied noch deutlicher (45,5 % vs. 5,6 %) [2]. Zudem bestätigte sich nach einem medianen Follow-up von 34,1 Monaten ein überlegenes PFS unter VenI (80,5 % vs. 35,8 %; HR 0,212; p < 0,0001). „Die vielversprechende Kombination wird in der aktuell laufenden CLL17-Studie nun im Vergleich mit Ibrutinib-Monotherapie sowie Venetoclax plus Obinutuzumab evaluiert“, so Wendtner.
Praxisverändernde Daten bei der IDH1-mutierten AML
Im Fokus der Medikamentenentwicklung bei der AML stehen Patient:innen-Subgruppen mit Treibermutationen, für die neue zielgerichtete Substanzen entwickelt werden. Ein Highlight beim ASH 2021 war die randomisierte Phase-III-Studie AGILE, deren Daten als praxisverändernd gelten. Die Studie evaluierte die Kombination aus dem IDH1-Inhibitor Ivosidenib plus Azacitidin (IVO + AZA, n = 72) im Vergleich zu Placebo/Azacitidin (PBO+AZA, n = 74) bei Patient:innen mit neu diagnostizierter AML mit IDH1-Mutation, die aufgrund höheren Lebensalters und/oder Komorbiditäten nicht für eine Induktions-Chemotherapie infrage kamen [3]. Die Mutation betrifft 6–10 % der AML-Erkrankten. Wie Nico Gagelmann, Hamburg, berichtete, wurde nicht nur eine signifikante und klinisch relevante Verbesserung des ereignisfreien Überlebens (EFS, primärer Endpunkt) zugunsten der IVO+AZA-Gruppe erreicht (HR 0,33; p = 0,0011). Auch die relevanten sekundären Endpunkte einschließlich des OS (median 24,0 vs. 7,9 Monate; HR 0,44) waren signifikant und in klinisch bedeutsamem Ausmaß verbessert – bei günstigem Sicherheitsprofil [3].
Redaktion/Claudia Schöllmann