Das Wissen über CAR-T-Zellen und ihre Anwendung in den vergangenen Jahren sei regelrecht „explodiert“, wie es CAR-T-Zell-Pionier Prof. Carl H. June, Philadelphia, PA/USA, ausdrückte. Neben klinischen Daten wurden aktuelle Ergebnisse aus dem präklinischen Bereich vorgestellt. Diese lassen erahnen, dass der vor einer Dekade begonnene Siegeszug der CAR-T-Zellen unvermindert anhält und ihre Anwendung in den kommenden Jahren immer ausgereifter und auch zielgerichteter werden wird. Wie June anmerkte, gewinnen neben den autologen auch allogene CAR-T-Zellen immer mehr an Bedeutung; in präklinischen Untersuchungen zeige sich bereits „eine gute Mischung“ aus beiden Ansätzen. Ein weiteres Forschungsgebiet beschäftigt sich mit CARs auf der Basis natürlicher Killerzellen (NK). Zunehmend werden CAR-T-Zellen nicht nur bei hämatologischen Malignomen, sondern auch bei soliden Tumoren evaluiert.
June erinnerte daran, dass kommerziell und akademisch eingesetzte CAR-T-Zellen gegen CD19 bei Lymphomen (Tisagenlecleucel, Axicabtagen ciloleucel, Brexucabtagen autoleucel, Lisocabtagen maraleucel) und gegen das B-Zell-Reifungsantigen (BCMA) beim multiplen Myelom (Idecabtagen vicleucel, Ciltacabtagen autoleucel) bereits bei vielen Behandelten zu anhaltenden Remissionen geführt hätten. In seltenen Fällen seien T-Zell-Transformationen mit autologen CAR-T-Zellen beobachtet worden.
Allogene CAR-T-Zellen und NK-CARs befänden sich derzeit in frühen Phasen der klinischen Entwicklung, sagte June. Das Sicherheitsprofil dieser Zelltypen sei aber bereits etabliert. Geprüft würden auch Kombinationen von CAR-T-Zellen mit anderen Wirksubstanzen, etwa Ibrutinib. Große Fortschritte seien in den vergangenen Jahren zudem bei der Herstellung kommerzieller CAR-T-Zell-Produkte gemacht worden – etwa durch verstärkte Automatisierung, einhergehend mit verkürzten Vein-to-vein-Zeiten, sowie durch Fortschritte im Multiplex-Genom-Editing.
Möglichkeiten zur Verbesserung der CAR-T-Zell-Aktivität
Zur Steigerung der Aktivität von CAR-T-Zellen, damit sich das Ansprechen auf CAR-T-Zellen verbessert und damit Remissionen noch länger anhalten, werden unterschiedliche Strategien verfolgt. Ein Ansatz besteht laut June darin, den Immuncheckpoint CTLA4 auszuschalten, da dieser die Antitumoraktivität der Zellen störe. Mittels CTLA4-Knockout-Mäusen fand man heraus, dass die Funktion zuvor nicht wirksamer CAR-T-Zellen von Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) durch die Abwesenheit von CTLA4 wiederhergestellt werden konnte.
Ein weiterer Ansatz besteht darin, CAR-T-Zellen zu „bewaffnen“. So seien etwa CAR-T-Zellen hergestellt, die gleichzeitig die Sekretion von IL-18 unterstützten und dadurch im Mausmodell zu besserer Aktivität führten – assoziiert mit höheren Überlebensraten. Erste klinische Versuche bei elf Erkrankten mit B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphomen, CLL und akuter lymphatischer Leukämie (ALL), die auf eine vorherige CD19-CAR-T-Zell-Therapie nicht angesprochen hatten, seien vielversprechend verlaufen – mit einer Gesamtansprechrate von 82 % (55 % komplette Remissionen). June schließt daraus, dass diese „vierte Generation von CAR-T-Zellen“ zu einer „angemessenen Expansion“ führt; das Toxizitätsprofil sei handhabbar gewesen. Es seien bereits anhaltende Remissionen beobachtet worden.
Eine zusätzliche Strategie besteht darin, den p53-Metabolismus zu modulieren. Zielstruktur ist in diesem Fall eine spezielle p53-Isoform (∆133 p53α), die nur im Menschen und in Menschenaffen vorkommt. Könnte die Expression dieser Isoform erhöht werden, steigere sich auch die metabolische Robustheit der CAR-T-Zellen, erklärte June. Die Zellen zeigten dann eine verbesserte Antitumorfunktion, selbst bei hoher Tumorlast.
Ein anderer Schwerpunkt der Forschungsaktivitäten liegt laut June in der Entwicklung universeller CAR-T-Zellen, die bei allen hämatologischen Malignomen eingesetzt werden könnten. Dabei gilt CD45 auf hämatopoetischen Stammzellen als ein entscheidendes Zielantigen. Eine CD45-gerichtete Immuntherapie ist aber nur durch das Verfahren des Epitop-Editing möglich, bei dem die CD45-Proteinfunktion nicht beeinträchtigt wird. Durch dieses Vorgehen soll die On-Target-Zytotoxizität dieses Ansatzes – etwa ein Angriff auf T-Zellen durch „Brudermord“ – unterbunden werden. Um die bestmögliche Aktivität bei möglichst geringer Toxizität zu erreichen, arbeiten Forschende an einer dualen Zelltherapie aus geneditierten hämatopoetischen Stammzellen und CAR-T-Zellen; erste Versuche laufen derzeit bei Erkrankten mir rezidivierter/refraktärer AML.
Neben der weiteren Möglichkeit, T-Zellen durch CRISPR-Cas zu editieren, besteht eine Strategie darin, CAR-T-Zellen als „chirurgische Adjuvanzien“ einzusetzen. Dieser Ansatz, der etwa bei unvollständig resezierten Adenokarzinomen zum Einsatz kommen könnte, wird derzeit im Mausmodell getestet. Laut June erwies er sich bisher dann als vielversprechend, wenn die CAR-T-Zellen gemeinsam mit einem neu entwickelten STING-Agonisten eingesetzt wurden.
„CAR-T-Zellen sind lebende Medikamente“, so Junes Fazit. Bereits heute zeichne sich ab, dass eine synthetische Verbesserung der intrinsischen T-Zell-Funktion von CAR-T-Zellen durch die oben genannten Maßnahmen möglich sei. Die CAR-T-Zell-Dysfunktion bleibe aber nach wie vor ein Problemfeld, speziell dann, wenn die Zellen bei soliden Tumoren eingesetzt würden.
CAR-T-Zell-Therapie bestmöglich vorbereiten
Der Status der messbaren Resterkrankung (MRD), die Krankheitsgenetik und die vorab verabreichte Immuntherapie (Erstlinie oder Rezidiv) sowie eine CAR-T-Zell-Therapie gelten als entscheidende Faktoren, die die Prognose von Erkrankten mit AML beeinflussen, sagte Dr. Pere Barba, Barcelona, Spanien. Klinische Studien wie ZUMA-3, ELIANA und FELIX belegten die günstigen Auswirkungen von CAR-T-Zellen auf das Überleben bei diesem Krankheitsbild. Wodurch aber der Erfolg einer CAR-T-Zell-Therapie bei der AML bestimmt werde, sei weniger gut bekannt.
Bereits heute könne das Management einer CAR-T-Zell-Therapie dadurch optimiert werden, dass im Vorfeld Risikofaktoren für ein Therapieversagen erkannt und die Patienten entsprechend ausgewählt würden, betonte Barba. Am Beispiel der CAR-T-Zell-Therapie bei ALL-Erkrankten erläuterte Barba, welche Bedeutung bestimmte klinische Faktoren für den Therapieerfolg haben. Demnach wirkt sich ein höheres Lebensalter per se nicht negativ auf den Therapieerfolg aus, ebenso wenig wie eine Hochrisikogenetik (wobei die Rolle eine p53-Mutation noch nicht abschließend geklärt ist). Außerdem sei der Einfluss eine Hochrisikogenetik im Rezidiv nach CAR-T-Zellen noch weitgehend unklar.
Einen starken negativen Einfluss auf die Outcomes einer CAR-T-Zell-Therapie hat dagegen eine hohe Tumorlast, betonte Barba – auf die Wirksamkeit ohnehin, möglicherweise aber auch auf die Sicherheit der Behandlung. Der CD19-Status sei vor allem bei Erkrankten relevant, die im Vorfeld bereits Blinatumumab erhalten hätten. Und Erkrankte, die unzureichend auf Blinatumumab angesprochen hätten, müssten auch eine niedrige Effizienz der CAR-T-Zell-Therapie erwarten. Dagegen wirke sich eine Vorbehandlung mit Inotuzumab-Ozogamicin nicht negativ auf den Therapieerfolg einer CAR-T-Zell-Therapie aus; die Datenlage dazu sei aber unzureichend.
Resistenzen bestmöglich vermeiden
Daneben gilt es laut Prof. Marco Ruella, Philadelphia, PA/USA, diversen Resistenzmechanismen entgegenzuwirken, die einem anhaltenden Therapieerfolg der CAR-T-Zellen bei Leukämien und Lymphomen entgegenstehen. Diese können etwa im Wirt selbst (etwa durch Tumorlast oder die patientenindividuelle Mikrobiota), aber auch in reiner Dysfunktion der CAR-T-Zellen (etwa durch Zellerschöpfung oder terminale Differenzierung) sowie in tumorintrinsischen Mechanismen begründet sein. Daneben könnten auch andere tumorassoziierte Charakteristika die Wirksamkeit von CAR-T-Zellen stören. Als Beispiel nannte Ruella die medikamentöse Modulation der Histonmethyltransferase EZH2 („enhancer of zeste homolog 2“), etwa mit der Substanz Tazemetostat, die vermutlich die Antitumoraktivität von CAR-T-Zellen durch Remodellierung des Tumor-Ökosystems erhöht. Tatsächlich kam es in präklinischen Lymphommodellen unter Tazemetostat zu einem verstärkten Ansprechen gegenüber CD19-CAR-T-Zellen. Nun müssen solche und ähnliche Ansätze im klinischen Setting erprobt werden.