Zanubrutinib (Brukinsa®) ist ein moderner BTK-Inhibitor, der eine hohe Selektivität gegenüber seiner Zielstruktur aufweist, wodurch Off-Target-Effekte minimiert werden. Darauf wies Prof. Stephan Stilgenbauer, Ulm, hin, der zusammen mit Prof. Clemens Wendtner, München, die zulassungsrelevanten Daten für die CLL vorstellte.
CLL: Zwei zulassungsrelevante Studien
Die EU-Zulassung basiert auf den positiven Daten der Phase-III-Studien SEQUOIA und ALPINE, die bei Erkrankten mit zuvor unbehandelter CLL bzw. r/r CLL durchgeführt wurden. In beiden Studien zeigte Zanubrutinib eine signifikant überlegene Wirksamkeit im Hinblick auf das progressionsfreie Überleben (PFS) – sowohl in der Erstlinie gegenüber Bendamustin plus Rituximab (BR) als auch im Rezidiv versus Ibrutinib.
In der SEQUOIA-Studie, die Zanubrutinib in der Erstlinie mit der Chemoimmuntherapie BR verglich, war die PFS-Rate, ermittelt in einem unabhängigen Review, unter dem BTK-Inhibitor signifikant höher als in der BR-Gruppe (HR 0,42; 95%-KI 0,28–0,63; p < 0,0001). Stilgenbauer betonte, dass alle Patientensubgruppen von Zanubrutinib stärker profitierten als von der Chemoimmuntherapie. die CLL-Patient:innen mit unmutiertem IGHV-Status, deren Prognose vergleichsweise ungünstig ist, hatten sogar einen besonders ausprägten PFS-Benefit (HR 0,24).
Erster BTK-Inhibitor mit Effektivitätsvorteilen gegenüber Ibrutinib
Laut Wendtner konnte Zanubrutinib in der Rezidivstudie ALPINE seine Effektivität auch im Vergleich zum BTK-Inhibitor Ibrutinib zeigen. Nach einer media-nen Nachbeobachtungszeit von 29,6 Monaten war das PFS unter Zanubrutinib im Vergleich zu Ibrutinib signifikant überlegen (HR 0,65; 95%-KI 0,49–0,86; p = 0,002). Für Wendtner sind die Unterschiede zwischen den beiden BTK-Inhibitoren mit einer Reduktion des Risikos für Progression oder Tod „überraschend deutlich“. Bemerkenswert aus seiner Sicht ist auch, dass Erkrankte mit einer 17p-Deletion und damit einem hohen Risiko ebenfalls von der Behandlung profitieren, sogar in besonderem Maße.
Der Münchner Hämatoonkologe wies darauf hin, dass Zanubrutinib der erste BTK-Inhibitor sei, der einen Wirksamkeitsvorteil gegenüber einem anderen BTK-Inhibitor zeigen konnte. In einer ähnlich aufgebauten klinischen Studie bei der r/r CLL, in der der BTK-Inhibitor Acalabrutinib gegen Ibrutinib geprüft worden war, hätten sich hinsichtlich des PFS keine Unterschiede zwischen beiden Medikationen gezeigt. „Da wir in der Onkologie Effektivitätsvorteile zugunsten unserer Patient:innen sehr ernst nehmen, sehe ich hier eher Vorteile für Zanubrutinib“, so Wendtner.
Die ALPINE-Daten gaben zudem Hinweise darauf, dass Zanubrutinib ein günstigeres Verträglichkeitsprofil aufweist als Ibrutinib – speziell im Hinblick auf das Auftreten kardialer Nebenwirkungen wie Arrhythmien, Vorhofflimmern und Vorhofflattern, wo der Vorteil zugunsten von Zanubrutinib signifikant war. Dies hat laut Wendtner unter anderem zur Folge, dass Erkrankte unter Zanubrutinib länger therapiert werden können und die Behandlung seltener abbrechen als unter Ibrutinib, was auch zum Effektivitätsgewinn der Substanz beitrage. Insgesamt sieht Wendtner Zanubrutinib als „praxisverändernde Option für Patient:innen mit CLL“.
Claudia Schöllmann