Aktuelle Companion Diagnostics für die Präzisionsonkologie
In der Präzisionsmedizin hängt die Wahl einer medikamentösen Therapie nicht nur von der genauen Krankheitsdiagnose und den klinischen Charakteristika des Patienten ab, sondern zusätzlich von der molekularen Signatur des Tumors, die die Wirksamkeit, Verträglichkeit oder optimale Dosierung des in Betracht kommenden Medikaments maßgeblich beeinflussen kann. Voraussetzung für eine molekular-basierte Präzisionsmedizin mit zielgerichteten Medikamenten ist die Analyse geeigneter Biomarker. Inzwischen sind für eine Vielzahl von zugelassenen Medikamenten Begleitdiagnostika verpflichtend. Für den Nachweis dieser Companion Diagnostics kommen neben Immunhistochemie und konventionellen molekular-biologischen Techniken zunehmend auch Hochdurchsatzsequenzierung und mRNA-Multiplextests zum Einsatz. Auch Flüssigbiopsien (Liquid Biopsies) gewinnen – speziell im Rahmen der Therapieanpassung bei Resistenz gegenüber der Vorbehandlung immer mehr an Bedeutung.
Präzisionsmedizin, Companion Diagnostics, Biomarker, Lungenkarzinom, Kolorektales Karzinom, Endometriumkarzinom, dMMR, Mikrosatelliten-Instabilität, MSI-H, Immuntherapie, Nivolumab, Ipilimumab, PD-1-Inhibitor, Pembrolizumab, Dostarlimab, HER2-Expression, Mammakarzinom Antikörper-Drug-Konjugat (ADC) Trastuzumab Deruxtecan, ADC, Sacituzumab Govitecan, Hämatoonkologie, CD3-Rezeptor, T-Zellen, CD19, ALL
Schon immer haben Ärzte versucht, Therapieentscheidungen in der Onkologie möglichst patientenindividuell zu gestalten. So flossen auch in der Vergangenheit Patientencharakteristika wie das Alter und der Allgemeinzustand stets in die Behandlungswahl ein. Erweitert wurde dieses Vorgehen in jüngerer Zeit durch eine moderne Diagnostik, die es erlaubt, auch genetische, molekulare und zelluläre Besonderheiten eines Patienten zu erfassen. Aus diesen Daten können Schlüsse gezogen werden, ob eine bestimmte Therapie in Betracht kommt oder eben nicht.
Heute wissen wir, dass sich Tumoren mit ähnlicher oder sogar identischer Histologie durch spezifische Charakteristika, meist typische Mutationsmuster, grundlegend unterscheiden können. Dieses Wissen über die Tumorheterogenität auf DNA-, RNA- und Proteinebene ist zur Basis für eine molekular begründete Tumortherapie geworden. Mithilfe spezifischer Medikamente, beispielsweise monoklonaler Antikörper und niedermolekularer Proteinkinase-Inhibitoren, werden zahlreiche Signaltransduktionswege, die mit maligner Proliferation und/oder Metastasierung einhergehen, als therapeutische Zielstrukturen adressiert. Auf diese Weise können inzwischen verschiedene Tumoren unter Kontrolle gebracht werden, ohne dass gesunde Körperzellen, die diese Eigenschaften nicht aufweisen, in relevantem Ausmaß in Mitleidenschaft gezogen werden. Begriffe wie targeted therapies oder Präzisionsmedizin charakterisieren diese noch relativ junge Form der Krebstherapie.
Da in der Präzisionsonkologie eine rationale Therapieentscheidung nicht ohne flankierende Diagnostik denkbar ist, ist deshalb die begleitende Bestimmung von Biomarkern für eine Vielzahl neuerer Anti-Tumor-Wirkstoffe inzwischen verpflichtend oder – in geringerem Umfang – zumindest empfehlenswert. Für die Zukunft kann man davon ausgehen, dass Neuentwicklungen kaum mehr ohne Begleitdiagnostik auf den Weg gebracht werden. So sind „Companion Diagnostics“ heute fester Bestandteil der personalisierten Medizin. Sie werden überwiegend – wenn auch nicht ausschließlich – im Kontext onkologischer Therapien eingesetzt.
Definitionsgemäß soll die Zusatzdiagnostik feststellen, ob eine molekular basierte, zielgerichtete Therapie für einen individuellen Patienten sicher und effektiv anwendbar ist. Diese innovative Strategie ergänzt oder ersetzt bereits teilweise die älteren, meist unspezifisch wirkenden antiproliferativen Therapien, wie beispielsweise Chemotherapien. Derzeit sind in Deutschland laut einer Liste des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen 87 Medikamente zugelassen, bei denen eine spezifische Diagnostik Voraussetzung für die Kostenerstattung ist; bei neun weiteren wird sie empfohlen (www.vfa.de/personalisiert; Stand 24.11.2021). In den Tabellen 1 und 2 sind die in Deutschland verpflichtend vorgeschriebenen Biomarker für die Behandlung solider Tumoren (Tab. 1) und hämatoonkologischer Erkrankungen (Tab. 2) mit ihren jeweiligen Indikationen aufgeführt.